N°138
Meet Monica!
Die deutsche Sprache ist für die Australierin Monica Lumb, „Gastgeberin“ im Café Herr Sonnenschein an der Königsstraße, noch immer die allergrößte Herausforderung. Die Künstlerin liebt Horrorfilme, Punk-, Hardcore, Grunge- und Rockmusik – und ihre neue Heimat Münster.
Text britta heithoff
Monica Lumb, aufgewachsen in Melbourne, fiel uns auf, weil sie uns den Cappuccino bei Herrn Sonnenschein an der Königsstraße nicht nur mit einem strahlenden Lächeln, sondern auch mit ein paar englischen Beiworten servierte. Als wir sie ein paar Tage später für diesen Bericht interviewten, geschah das dann auch in ihrer Muttersprache. Für diesen Text haben wir später lesefreundlich ins Deutsche übersetzt. Wobei das nicht immer ganz einfach ist. Denn „Hospitality“, wie sie ihre Aufgabe im Café und zuvor auch bei verschiedenen gastronomischen Stationen (bis hin zum Sternelokal) im Heimatland Australien bezeichnet, ist nicht 1:1 als Gastfreundschaft zu übersetzen, sondern ein anspruchsvolles und auch „wertgeschätzteres“ Aufgabengeflecht in der Tourismusbranche „down under“. Ein Beruf, den Monica sehr mag, wenngleich sie „von Haus aus“ studierte Künstlerin ist. Bereits im Alter von 15 begann Monica mit ihren Jobs in der Gastronomie, als junge Frau studierte sie Fine Arts („Hätte ich nicht Bildende Kunst studiert, wäre es wahrscheinlich Innenarchitektur geworden.“). Parallel gekellnert, in Küchen und als Barista gearbeitet hat sie immer.
2016 dann traf Monica auf den Münsteraner Georgios. Ihr heutiger Ehemann ist im Münsterland geboren und aufgewachsen, der Baumpfleger war damals aber mit Arbeitsvisum in Australien unterwegs. Sieben Jahre lebten Monica und Georgios in ihrer Heimat, reisten durch den Kontinent, möglich war das für den Münsteraner für diese lange Zeit durch das inzwischen erlangte Partnership Visum. Während der Pandemie wurde dann aber sein Heimweh immer größer. Seit zwei Jahren ist das Paar nun schon in Münster. Monica schwärmt von dem großartigen Teamzusammenhalt bei ihrem Arbeitgeber Herr Sonnenschein und von ihrer Freude daran, immer wieder auch mit den Gästen ins Gespräch zu kommen – Sprachbarrieren hin oder her. Sie als Australierin hier: Das ist wirklich etwas Besonderes. „In Deutschland leben gar nicht viele meiner Landsleute, schon gar nicht in Münster!“ lacht Monica, die im Aegidiiviertel wohnt und die kurzen Wege innerhalb der Innenstadt liebt. Radfahren musste die Australierin allerdings erstmal wieder lernen. „Das hatte ich seit meiner Kindheit nicht gemacht, in meiner Heimat ist Public Transport – öffentlicher Personennahverkehr – die übliche Form der Fortbewegung in den Städten.“
Über ihren Beruf sagt Monica: „Ich liebe es, dass ich durch ‚Hospitality‘ Menschen innerhalb von wenigen Minuten willkommen heißen und glücklich machen kann. Durch tolle Speisen und Getränke, aber auch durch meine Ansprache und dadurch, dass ich es ihnen bequem und angenehm mache.“ Stimmt. Ein Teilzeitvertrag mit vier Arbeitstagen pro Woche macht es ihr möglich, auch ihre Kunst weiter voran zu treiben: Ihre Holzschnitte arbeitet sie durch gezieltes Abtragen der Oberflächen aus, sie druckt dann aber nicht (wie für andere Holzschnitte gängig) davon, die entstehenden dreidimensionalen Werke bleiben in sich Originale. Die Motive: Wilde Wesen und fantasievolle Formen, fein ausgeschnitten durch viele beherzt schabende Schübe mit feinen Werkzeugen, weisen vielleicht schon auf eine von Monicas persönlichen Leidenschaften hin? „Mit etwa zehn Jahren fing ich an, Horrorfilme zu schauen, mit 14 hatte ich alle Klassiker der 1980er Jahre gesehen, aber mein Favorit war schon immer Poltergeist. Dann war ich wirklich gespannt auf ein paar neue Regisseure, etwa Jordan Peele und Ari Aster. Sie lieferten einige unglaublich interessante Horrorfilme, die etwas vom üblichen ‚Splatter und Gore‘ (Splatter ist laut unserer Recherche auf konkrete Akte der Gewalt wie Verletzung oder Zerstückelung fixiert, Gore, englisch für „geronnenes Blut“ und „aufspießen“, richtet sein Augenmerk mehr auf das fertige Ergebnis dieser Akte, sowie auf detailliert inszenierte Ausweidungen. Huch!!! Anmerkung der Redaktion).
„Eine Sprache zu lernen ist eine einzigartige Art, sich zu integrieren. Deutsch ist die erste Fremdsprache, die ich zu lernen versuche!“
Monica Lumb
Die Vielleserin Monica liebt zudem Literatur, etwa von Terry Pratchett, aber auch alte dystopische – in der Zukunft spielende – Erzählungen, in der eine erschreckende oder nicht wünschenswerte Gesellschaftsordnung dargestellt wird, etwa von George Orwell oder Ray Bradbury. „Auch alle Romane von Matt Ruff sind garantiert eine gute Lektüre“, empfiehlt uns Monica.
Sportlich liebt Monica das Klettern, hier in Münster geht es dabei hauptsächlich um Indoor-Studios oder Bouldern. „Aber in unserer Zeit in Brisbane hatten wir die Kangaroo Cliffs in der Nähe des Stadtzentrums. Es war eine riesige, lange Felswand entlang eines Flusses, die zum Vorstiegsklettern gesichert war, das war ein Spaß!“ Neben solchen Naturherausforderungen fehlt Monica in Münster manchmal auch die kulinarische Vielfalt: etwa authentische asiatische und mexikanische Speisen und natürlich der für Australien typische würzig-klebrige Hefeextrakt-Aufstrich Vegemite …
Von ihrer früheren Idee, mal selbst irgendwo ein Café zu gründen, hat Monica sich inzwischen verabschiedet. Lieber möchte sie in Münster bleiben, ihre mit vielen verschiedenen Texturen und Farben maximalistisch eingerichtete Wohnung weiter ausgestalten, in die alternative Punk und Underground Szene der Stadt eintauchen (Musikgeschmack? Punk, Hardcore, Folk-Punk, 1960er- und 1970er-Jahre-Rock und Grunge) und ab und zu reisen, etwa nach Frankreich und in die Niederlande. „Münster ist ein einzigartiger Platz. Ist schön hier!“, findet Monica. „You’re welcome“ – sagen wir.
Café Herr Sonnenschein
Seit Ende 2016 scheint an der Königsstraße 43 einfach immer die Sonne: dank Herrn Sonnenschein! Das Café mit Bio-Fairtrade-Kaffeespezialitäten in Baristaqualität hat damals sofort die Herzen (unter anderem die junger Eltern, die hier mit ihren Kinderwagen hineinschieben) erobert. Ausgefallenere Getränke wie etwa die „Rote Milch“ (Hafermilch mit Rote-Bete-Saft und Agavendicksaft) und die hausgemachte Basilikumlimonade (auch von Gastronomie-Gesicht Monica sehr geschätzt) und ein Frühstück bis 14 Uhr (samt Smoothies, Porridge, Avodadoschnitte und „Käse Max“ – einem vegetarischen „Strammen Max“) werden durch Sweeties wie Carrot Cake, Banana Bread und hausgemachte Zimtschnecken ergänzt. Danach einen Schnaps? Die Auswahl ist in der Karte unter „Sternhagel“ zu finden: Wortwitz im Sonnenschein …