N°134
ANKERN AM HAFENMARKT
Im Februar war es so weit: Nach über 20 Jahren Planungs- und Bauzeit öffnete der Hafenmarkt am Hansaring seine Pforten. Lange Geschichte! Spannende Lage. Viele Umwege! Und nun: ein neues Kapitel …
Text BRITTA HEITHOFF

Als Kind begleitete ich meinen Vater, der selbständig war und auch am Wochenende arbeitete, oft samstags „zur Post“. Für sein Unternehmen hatte er ein Postfach in demjenigen Postgebäude, das quasi exakt im Knick des Hansarings angesiedelt war. Diese Besuche und die geografische Lage in Münsters Osten fielen mir jetzt wieder ein, als ich den neuen Hafenmarkt besuchte. Denn dort, wo früher die gelben Post-Transporter ein- und ausfuhren, und wo mein Vater sein hölzernes Postfach mit der Nummer 4884 öffnete, um große und kleine, dicke und dünne Umschläge herauszunehmen, dort ist auf gut 21.000 Quadratmetern Grundstück nun ein ganzes neu entwickeltes Quartier entstanden, über das in den vergangenen Jahrzehnten schon viel diskutiert wurde.
Eine (fast) unendliche Geschichte
Im November 2001 kaufte L. Stroetmann das Post-Grundstück am Hansaring. Übrigens war dieses Unternehmen hier schon seit 1898 als eines der ersten im damaligen „neuen“ Stadthafen von Münster angesiedelt – bis vor 58 Jahren, als der Stammsitz nach Mecklenbeck an die Hartkortstraße zog. Und jetzt sollte es wieder in den Hafen gehen. Pläne für ein Quartiersparkhaus (Dockland Parkhaus) scheiterten (2002). In den folgenden sage und schreibe 20 Jahren erlebten Beobachter wie Befürworter, Anwohner und Interessierte, Kritiker – und eigentlich dann doch irgendwie auch fast die ganze Stadtgesellschaft – ein wildes Auf- und Ab der Planungen und Nicht-Genehmigungen, Projektumbenennungen (erst Hafenforum, dann Hafenmarkt), Bebauungspläne und Baustopps, Verkaufsflächenreduzierungen, Ergänzungsanträge und schließlich und endlich dann der finalen Baugenehmigung im Juli 2022, die nun zu dem führte, was uns als Besuchern heute offen steht (ein erneuter Antrag auf Baustopp wurde im Juli 2023 abgelehnt). So viel zur Geschichte, der Fragen rund um die Gentrifizierung des Hafenviertels, der anderslautenden Wünsche einiger Anwohner, der Kritik an veränderten Verkehrsströmen und Sorgen um die Gesamt-Einzelhandelsbemaßungen des Stadtteils zugrunde lagen. Doch dieser Fisch ist nun gegessen (um im Hafenjargon zu bleiben).


Der Hafenmarkt? Ist da!
Im Februar wurde Eröffnung gefeiert und wir können hier nun mal anreißen, was denn da überhaupt entstanden ist. In friesischem Blau-Weiß-Rot sind die Segel nun gesetzt und Wege ausgeschildert: Die einst mal angedachte Gesamt-Verkaufsfläche des Areals von damals projektierten 8.000 Quadratmetern wurde genehmigungsgemäß auf 4450 Quadratmeter
reduziert – hier sind nun EDEKA mit einer Art Markthallenkonzept (2.950 Quadratmeter), Aldi (900 Quadratmeter), dm (550 Quadratmeter) und die Bären-Apotheke (50 Quadratmeter) angesiedelt. Gastronomische Nutzungen (unter anderem Mamas Eismanufaktur, bereits eröffnet, und das Gastrokonzept Moto59 Foodgarage, noch in den Vorbereitungen) mit insgesamt 1.150 Quadratmetern Fläche sind dazugekommen. Weitere Flächen fallen auf 34 Mietwohnungen, neun Büros/Dienstleistungsanbieter (so etwa auch einem Co-Working-Space), vier Praxen und zwei Kindergroßtagespflegeeinrichtungen für die U3-Betreuung. Gewohnt wurde auf dieser einstigen Industriebrache übrigens vorher noch nie, eine Premiere.


Megathema Mobilität
Eine geräumige Quartiersgarage unterzieht den Hafenmarkt mit 350 (davon 22 öffentlichen) Stellplätzen, betrieben durch die WBI (das Parken ist in der ersten Stunde kostenlos). Besonders wichtig war den Planern hier auch eine gewisse Offenheit und Übersichtlichkeit, um „Angsträumen“ vorzubeugen. Dazu kommen 99 ebenerdige Kundenparkplätze sowie vier Behinderten-Parkplätze. Wichtig: 25 Elektroladestationen und zwei Schnelladestationen für E-Autos werden vorgehalten. Noch wichtiger: die 477 Fahrradabstellplätze, davon 30 für Lastenräder, auch Lademöglichkeiten für E-Bikes gibt es. Ein Carsharing-Angebot ist in Abstimmung.

Das Ende der Diskussionen?!
Oh nein, ganz sicher nicht: Denn hier im Hafen und am Hansaring wird sich auch weiter eine Menge tun und nicht alles wird jedem gefallen. Unsere Stadt lebt davon, dass kleine und große Projekte voragetrieben werden, genauso aber auch davon, dass aufmerksame Bürgerinnen und Bürger diese infrage stellen, Einwände einreichen, Ideen einbringen. Beim Hafenmarkt ist eine eben nur fast „unendliche Geschichte“ daraus geworden.
Das eigene Bild ist immer das Beste!
Und vielleicht machen Sie es wie wir und schauen sich dort einfach mal um. Möglicherweise müssen Sie sich bei der Orientierung in Erinnerung an den früheren Standort auch ein paarmal um die eigene Achse drehen. So war es jedenfalls bei der Autorin dieser Zeilen, die immernoch nicht ganz genau ausmachen kann, wo sich damals, zu Zeiten der Post am Hansaring, das Postfach 4884 knarzend geöffnet hat.
