MÜNSTER! Magazin

Foto: Ulrike Meywald

N°121


Zu zweit auf 23m2

Sechs Tassen, das ist die selbstauferlegte Beschränkung von Fine und Miguel in ihrem Tiny-House in Nottuln. Wie man dauerhaft zu zweit auf 23 m2 lebt und sich nicht nur bei Tassen auf das Notwendige beschränkt, zeigt das Paar gern, denn es ist zurecht stolz auf sein Haus.

Text Ulrike Meywald


Ihr Antrieb ins Tiny-House zu ziehen, war der Wunsch, keine Miete mehr zahlen zu müssen. Fines Stiefvater brachte sie auf die Idee. Ein Tiny-House zu finden, ist nicht schwer, schwierig ist eher die Grundstückssuche. Es muss ein voll erschlossenes Baugrundstück sein, denn baurechtlich handelt es sich um ein Einfamilienhaus. Fine und Miguel schalteten eine Anzeige auf Ebay-Kleinanzeigen und grenzten die Suche auf das Münsterland ein. „Dann ging es schnell, denn dieGrundstücksbesitzer in Nottuln hatten selbst die Idee gehabt, auf dem kleinen Baugrundstück ein Tiny-House zu errichten und dann zu vermieten. „Sie waren daher von unserer Idee, ihr Grundstück zu pachten und mit unserem eigenen Tiny-House darauf zu wohnen, direkt angetan.“ Mit dem Architekten Uwe Müller-Perkuhn aus Havixbeck fanden sie einen Partner, der sich auf Tiny-Houses spezialisiert hat. Er konstruierte das auf einem Anhänger gebaute, 8,40 m lange Haus in Holzrahmenbau mit Aluminium-Verbund­elementen als Fassade nach ihren Vorstellungen. Ohne Fenster, Türen, Küche und sonstige Möbel wiegt es 3,3 Tonnen und kann als Anhänger zum Stellplatz gezogen werden. Geheizt und gekühlt wird mit einer Luft-Wärmepumpe. „Oftmals reichen im Winter aber auch schon die Abwärme der elektrischen Geräte und Menschen im Raum“, berichtet Miguel.   

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Links: Auf der Anhängerdeichsel ist ein guter Platz für die Luft-Wärmepumpe, die im Winter für behagliche Wärme sorgt. Rechts: Miguels Schreibtisch musste ordentlich schrumpfen, ist für ihn aber völlig ausreichend. Fotos: Ulrike Meywald

Probewohnen 

„Wir haben im Vorfeld Urlaub im Tiny-House auf einem Campingplatz bei Warendorf gemacht“, erzählt Miguel. Sehr empfehlenswert, „denn wir haben schon nach kurzer Zeit festgestellt, was wir gut finden und auf was wir verzichten können.“ Das war aber nicht die einzige Vorbereitung. „In unserer letzten Wohnung hatten wir ein sehr großes Zimmer“, berichtet Fine. „Dort habe ich mit Klebeband die Abmessungen des Tiny-Houses markiert und dann auch die Möbel in der Grundfläche.“ Für ihren Mann Miguel war das wichtig, weil es ihm schwerer fiel, sich den Raum vorzustellen. Zwischen der ersten Idee im Dezember 2019 und dem Einzug an Heiligabend 2020 war nur ein Jahr vergangen. Das lag, neben der guten Planung, auch daran, dass das Bauamt das erste offizielle Tiny-House im Kreis Coesfeld sehr begrüßenswert fand. 

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Für ausreichend Bewegungsfläche ist die Küche auf beiden Seiten des Hauses angeordnet. Unter der Schlafebene befindet sich das Bad. Foto: Ulrike Meywald

Platzzuteilungen 

Bei der Montage waren sie regelmäßig in der Werkshalle, wo örtliche Handwerker das Haus nach den Plänen des Architekten fertigten. Mit der Aufteilung der Wohnbereiche sind sie sehr zufrieden. „Da Miguel gern am Computer spielt, war klar, dass er dafür seinen Platz braucht.“ Die Größe des Schreibtisches musste im Vergleich zu der in der Wohnung allerdings deutlich schrumpfen, aber auch das wurde vorher ausprobiert. Über dem Schreibtisch fanden seine über 400 DVDs ihren Platz. Wenn man sie herausnimmt, kommt man an Gegenstände, die nicht so oft benötigt werden, wie etwa die Weihnachtsdeko. 

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Links: Damit das Sofa für die Hausbreite passte, kombinierte das Paar eine Recamiere mit einem Hocker und Fines Mutter nähte weitere Rückenkissen. Rechts: Um ein Gefühl für das zukünftige Zuhause zu bekommen, klebten Fine und Miguel in ihrer vorherigen Wohnung die Raummaße auf den Boden und wohnten zur Probe im Tiny-House auf dem Campingplatz. Fotos: Ulrike Meywald

Der Fernseher dient mit einer halbhohen Rückwand gleichzeitig als Trennung zum Wohnzimmer, für das das Paar ein Ikea-Sofa anpasste. „Der eine Teil besteht aus der Recamiere und der andere aus dem Hocker der Serie, für den meine Mutter dann passende Rückenkissen fertigte“, erzählt Fine. So entstand ein Sofa, was genau die Raumbreite ausnutzt. Die Küche schließt sich an den Schreibtisch an und nutzt beide Außenwände für mehr Bewegungsfreiheit in der Mitte. Mit einer Trittleiter erreicht man die gemütliche Schlafebene, wo in zwei Kästen auf beiden Seiten die Kleidung von Fine und Miguel aufbewahrt wird. „Bei der Höhe der Schlafebene haben wir auch im Vorfeld Versuche gemacht, damit wir wussten, wie hoch der Raum mindestens sein muss, damit wir uns wohl fühlen.“ Das Bad darunter ist genauso groß wie das in ihrer letzten Wohnung und bietet zudem Platz für einen kombinierten Waschtrockner.  

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Die Deckenhöhe auf der Schlafebene ermittelten die beiden im Vorfeld. „Wichtig war, das wir uns problemlos aufsetzen können.“ Foto: Ulrike Meywald
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Ein kombinierter Waschtrockner bietet auf kleiner Fläche großen Nutzen. An Sonnentagen wird die Wäsche aber im Garten aufgehängt. Foto: Ulrike Meywald

sofortiges Handeln

 Das Leben im Haus empfinden beide als Bereicherung, vor allem in den Sommermonaten, wo sie mehr draußen als drinnen sind. „Man sollte aber schon wissen, dass man sich im Tiny-House sofort mit allem beschäftigen muss.“ Das umfasst neben Unordnung und nicht unbedingt notwendigen Gegenständen auch Konflikte. Sie haben ihren Alltag entsprechend angepasst: Fine fährt zwei Stunden später zur Arbeit als Miguel, und er kommt früher nach Hause. So hat jeder auch mal Zeit für sich allein im Haus. 

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Beim Aufbau des Tiny-Houses schauten sie immer wieder in der Werkstatt vorbei. Foto: Ulrike Meywald

Hier gibt es noch mehr Infos und Bilder aus der Werkstatt:

 

tiny-house-muensterland.de