MÜNSTER! Magazin

Die Beschwörung des Friedens von Münster, 1648 von Gerard ter Borch. Foto: Wikipedia

N°120


Frieden hat viele Gesichter

Frieden ist in Münster – nicht nur im Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens – allgegenwärtig: Wir finden ihn im Stadtbild, in der Geschichte, in den Menschen, in der Kunst und sogar auf der Straße. Sehen Sie selbst!

Text Lotta Krüger


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Einzug des Gesandten Adriaen Pauw in Münster von Gerard ter Borch. Foto: Stadtmuseum

Münsters Friedenshistorie

Die Jahre vor 1648 waren für Bevölkerung Münsters eine ge­waltige Herausforderung. Nicht nur verhandelten die euro­ päischen Mächte unter denkbar schlechten Bedingungen – ohne Waffenstillstand und mit ununterbrochenen Kriegs­handlungen – fünf Jahre über die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Zeitgleich wurden auch die Verhandlungen des Achtzigjährigen Krieges der Niederlande in Münster aus­getragen, was mit einer großen Zahl an Friedensgesandten aus ganz Europa einherging, die untergebracht und versorgt werden mussten. Allen Hürden zum Trotz kam es 1648 zum offiziellen Friedensschluss, der Münster als Stadt des Westfälischen Friedens bis heute untrennbar mit dem Ereignis verbindet.

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Foto: Münster Marketing

FRIEDENSSYMBOLE IM STADTBILD

Wer aufmerksam durch Münster geht, dem fällt die Taube als Symbol des Friedens an zahlreichen Orten im Stadtbild auf. So auch im Treppenaufgang zwischen Stadtweinhaus und Bürgerhalle, wo ein tauben­förmiges Mosaik das Gemäuer ziert. Das Kunstwerk erinnert einmal mehr daran, wie sehr Münster und insbesondere das Rathaus mit seinem Friedenssaal histo­risch mit dem Thema verknüpft sind. Als Friedensverhandlungsorte wurden Münster und Osnabrück damals unter anderem deshalb ausgewählt, weil sie einerseits jeweils im Einflussgebiet einer der Konfliktparteien des Krieges lagen. Gleichzeitig war durch die Nähe der Städte ein schneller Informationsaustausch ge­währleistet.

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Foto Roman Mensing

Inspiriert vom Friedenssaal

Zwischen dem Historischen Rathaus, dem Stadtweinhaus und dem Stadthaus 1 liegt der Platz des Westfälischen Friedens. Hier steht die Skulptur „Toleranz durch Dialog“, die Eduardo Chillida zum 1200. Stadtjubi­läum 1993 erschuf. Das Kunstwerk zeigt eine Dialogsituation aus zwei gegenüber liegenden Bänken, wie Chillida sie sich zwischen den Gesandten während der Friedensverhandlungen vorstellte. Inspi­riert hatte ihn dazu der Friedenssaal, den er 1987 bei einem Besuch im Rahmen der Skulptur Projekte kennengelernt hatte. Um für das Kunstwerk eine würdige Um­ gebung zu schaffen, wurde der Rathaus­ innenhof extra vier Stufen tiefer gelegt.

„Die Bänke sind nicht dafür bestimmt, Körper aufzunehmen, sondern Ideen.“
 
- Eduardo Chillida

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Foto: Juliane Unkelbach

AUSGEZEICHNET FÜR DEN FRIEDEN

Seit 1998 verleiht die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe e.V. alle zwei Jahre den Preis des Westfälischen Friedens. Ausgezeichnet werden Persönlichkeiten oder Repräsentanten von Staaten und Gruppen, die durch ihr Engagement langfristig friedenstiftend und integrativ wirken und sich für den Frieden in Europa und der Welt verdient gemacht haben. 2012 durfte der damals 93­jährige Helmut Schmidt als „einer der Architek­ten des friedlichen Europas“ – so die Worte des Vorsitzenden der Wirtschaftlichen Gesellschaft Dr. Reinhard Zinkann – den Preis entgegennehmen. Für seine Rede bei der Verleihung erntete Helmut Schmidt damals im Rathaus Standing Ovations, be­vor er vom Balkon der jubelnden Menge zuwinkte.

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Foto: Presseamt Münster

FRIEDLICHE BEGEGNUNGEN BEIM KUNST-FESTIVAL

Zum Ort der Begegnung wurde der Platz des Westfälischen Friedens schon viele Male im Spätsommer, wenn er als einer von vielen Austragungsorten des beliebten Schauraum-Festivals genutzt wurde. Nicht nur in Museen und Galerien, sondern auch an öffentlichen Orten unter freiem Himmel kommen Münsteranerund Stadtbesucher dann zusammen, um friedlich miteinander Kunst und Kultur zu feiern.

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Foto: Marieke Hartrampf

FRIEDENSDENKMAL MIT SUBSTANZ

Auch auf der Straße begegnet einem in Münster der Frieden: Im Jubiläumsjahr 1998 wurden 21 Kanaldeckel an Orten mit Bezug zum Westfälischen Friedeneingesetzt. Anders als andere Denk­mäler fügen sich die Kanaldeckel unauf­dringlich ins Stadtbild und benötigen keine besondere Pflege – vielmehr sind sie ein Nutzgegenstand, den Fahrradfah­rer, Autos und Fußgänger ohne schlech­tes Gewissen überqueren dürfen. Einen Einfluss auf die auf die voraussichtlich hundertjährige Lebensdauer der Deckel hat das nicht, sodass sie auch zukünftige Generationen noch an das Friedensjahr erinnern werden. 20 der Exemplare be­stehen übrigens aus schlichtem Grau­guss, nur der 21. Deckel – der mit dem prominentesten Platz auf dem Prinzipal­markt – wurde in Bronze gegossen.

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Foto: Angelika Klauser

Friedensbotschafter von Jung bis Alt

Auch 2008 holte die Preisverleihung des Westfälischen Friedens politische Prominenz nach Münster: Der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan aus Ghana erhielt die Auszeichnung, die mit 100.000 Euro übrigens der höchstdotierte deutsche Friedenspreis ist. Den Jugendpreis nahm in dem Jahr Johanna Heere­ man für das Libanon Projekt der Gemeinschaft junger Malteser entgegen. Auf dem Prinzipalmarkt versam­melten sich tausende Münsteraner, um die Preisträger zu feiern.