MÜNSTER! Magazin

Der Hiltruper See ist Naherholungsgebiet für Zweibeiner, Tummelplatz für die Vogelwelt und auch Standort für das Hotel Krautkrämer und den Segelclub. Foto: Cornelia Höchstetter

N°120


HILTRUP – IM SÜDEN MIT SEE

Münster ist wie ein Puzzle. Viele Teile ergeben das ganze Bild. In unserer neuen MÜNSTER! Magazin-Serie stellen wir unsere Stadtteile vor. Den Anfang macht der größte: Hiltrup. Tief im Süden, mit See, Kanal, Wäldern. Dreigeteilt und doch ein Dorf.

Text CORNELIA HÖCHSTETTER


WO IST HILTRUP? 

Hiltrup liegt exakt im Süden und ist Münsters größter Stadtteil. Über 25.000 Einwohner leben in Hiltrup­-West, ­-Mitte und – getrennt durch Kanal und Bahnlinie: Hiltrup­-Ost. Zur Stadt Münster gehört Hiltrup erst seit 1975.

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Bild: Heithoff & Companie

WHO IS WHO? 

Seit 2020 ist Wilfried Stein der Bezirksbürgermeister. Sein Vorgänger Joachim Schmidt ist 2020 gestorben und den Hiltrupern gut im Kopf als „einer, der angepackt hat“. Zu den wichtigsten Männern Hiltrups ge­hörte Konsul August Bernhard Schen­cking (1827–1903). Er war mit dem Kai­ser befreundet und schaffte es, dass im Zuge des Bahnbaus Hamm­-Münster Hiltrup seinen Halt samt Bahnhof (1) bekam. Oder Max Winkelmann (1862– 1935), er gründete die Lackfirma Glasurit
1903. Im Jahr 1965 kaufte BASF Coatings die Firma Glasurit auf, so kam BASF (2) nach Hiltrup. Aus Hiltrup kommt der deutsche Journalist und Ex­-Spiegel-Chef­redakteur Klaus Brinkbäumer. Dr. Max Kobbert soll in Hiltrup wohnen: Er ist der Spieleautor des Klassikers Das verrückte Labyrinth. Hiltruper ist auch Michael Radau, Gründer des ersten Bioladens in Münster und auf der Marktallee. Aus der anfänglichen Kornblume hat sich die Idee des SuperBioMarktes entwickelt. Zudem ist Michael Radau Präsident des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen. Nicht zu vergessen: Rita und Hans Mu­schinski – sie sind die Archivare der Hiltruper Geschichte. Rita Muschinski bringt fast alljährlich den Hiltrup­-Kalen­der heraus. Nach ihrem letzten Buch über die Marktallee arbeitet sie gerade wieder an einem weiteren Hiltrup­-Buch.

WAS IST TYPISCH HILTRUP? 

Von wei­tem sichtbar ist der 98 Meter hohe Schlot von Rockwool – laut Homepage der Weltmarktführer für Steinwolle­-Dämmstoffe. Das Unternehmen produ­ziert längst nicht mehr in Hiltrup. Der Turm ist Nistplatz von Wanderfalken. Typisch für Hiltrup ist: Die Hiltruper ge­hen „ins Dorf zum Einkaufen“ und mei­nen damit Hiltrup selbst (meist die Marktallee). Dagegen fährt man „nach Münster“, wenn man die Innenstadt be­sucht. Und sonst noch? Hiltrup hat eine eigene Stadtteilmanagerin: Daniela Ul­brich ist beim Wirtschaftsverbund ange­stellt. Hiltrup hat ein eigenes Wappen mit Anker und Sonnenrad und sogar ein eigenes Logo, bestehend aus der Post­leitzahl: 48165.

WIE LEBT ES SICH DA? 

Vor allem prak­tisch – wie in einem Mikrokosmos. Hil­trup hat nach der Innenstadt Münsters größtes Einzelhandelszentrum. Eigent­lich bekommt man hier alles vor Ort, oft noch aus inhabergeführten Geschäften mit Tradition. Außerdem gibt es vier Grundschulen und vier weiterführen­de Schulen, Stadthalle, Schwimmbad, Freibad, Krankenhaus (3), Stadtteil­bücherei, Bahnhof, freitags vormittags den Wochenmarkt. Es gibt hier etwa 80 Vereine, der größte ist der TUS Hiltrup mit 4.000 Mitgliedern, einer der ungewöhnlichsten Vereine ist der Kinder-Jugendcircus Alfredo. Das Heimatmuseum (4) leitet der erste Vorsitzende Hans Muschinski, siehe oben. In der alten Feuerwache öffnet jeden Sonntag die Dauerausstellung über die Ge­schichte von Hiltrup um 1900. Außer­dem gibt es wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen wie Musik, Kin­dertheater, Vorleseclub oder Frühstück im Park vor dem Museum. Lebenswert ist die Lage am Dortmund-Ems-Kanal, der sogar eine Insel hat.

WER ARBEITET DORT? 

Größter indus­trieller Arbeitgeber der Region ist die BASF mit etwa 2.000 Arbeitnehmern. Weitere wichtige Arbeitgeber sind der Landwirtschaftsverlag (5) (Macher des Landwirtschaftlichen Wochenblatts und des Magazins Landlust) und das Herz-Jesu-Krankenhaus (3). Von sich reden machte kürzlich die innovative Marke­tingagentur Vereda, die im Kulturbahn­hof sitzt: Sie hat die Vier­-Tage-­Woche bei vollem Lohn eingeführt.

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So klein (oben ein Luftbild von 1932, gut erkennbar sind die neue Kirche St. Clemens, die Straßen „Marktallee“ und die „Hohe Geest“) und so schnucklig war Hiltrup früher. Foto: Hiltruper Museum e.V.

Historisches

Der älteste Hof Hiltrups steht noch, sogar Rinder weiden dort mitten in Hiltrup – die Hofstelle von Schulte-Hiltrup ist der Keim des Ortes. Daneben wurde 1180 die alte Clemenskirche (6) gebaut, und so siedelten sich Schneider, Holzschuhmacher, Schmiede an. Hiltrup wuchs und wächst weiter. Der Name stammt von seiner besonderen Lage auf einem Sandrücken: „Hil“, „hille“ oder „helle“ heißt soviel wie Bodenerhebung. „Trup“ steht für „Dorf“.

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Die Marktallee (damals Bahnhofstraße) um 1920, gesäumt von Bäumen und Jugendstilvillen. Foto: Hiltruper Museum e.V.

WAS WIRD GEFEIERT?

Der Karnevals­umzug der KGH (Karnevalsgesellschaft Hiltrup), im Mai steigt das Frühlingsfest, dann wird die Marktallee für zwei Tage zum Straßenfest mit Bühnenprogramm verwandelt. Dann gibt es noch Weinfest, Schützenfeste oder das Radrennen „88-mal um die Marktallee“, das Oktober­fest der Bürgerschützen Hiltrups sowie die Schlagerparty auf der Kanalinsel bei den Emmerbach-Schützen – und noch so einiges mehr ...

AB INS GRÜNE: 

Hiltrup hat einen See in der angrenzenden Hohen Ward: Der Hil­ truper See heißt bei den Einheimischen „Steiner See“: Ausgebaggert wurde er 1914 für den Bau von Eisenbahndäm­men. Der Dortmunder Fabrikant Georg Steiner pachtete den See für seine Forellen­ zucht. Danach, bis 1965, war es ein Bade­see. Heute ist Baden verboten – außer für die Wasservögel, die dem Wasser­schutzgebiet nichts antun, aber hübsch für die Spaziergänger anzusehen sind. Nicht zu vergessen: Haus Heidhorn (7) , unter anderem Sitz des NABU Münsterlandes, ist immer einen Besuch wert!

DAS SCHÖNSTE HAUS? 

Vermutlich die ehemalige Villa Dalhoff, Marktallee 54 (8). Früher war die Marktallee eine wah­re Schaustraße voller Jugendstilvillen, geschmückt mit girlandengleichen Baumalleen.

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Links: Straßencafés beleben die Marktallee – wenn die Sonne scheint, sitzen die Hiltruper gern bei Kaffee, Eis und Kuchen zusammen. Rechts: Das schönste Haus, die ehemalige Villa Dalhoff, Marktallee 54. Fotos: Cornelia Höchstetter
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Seit 1848 hat Hiltrup seinen Bahnhof. Seit 2014 ist es der Kulturbahnhof (9) mit Konzerten, Kino, Ausstellungen, Lesungen – ein buntes Programm, mindestens einmal pro Woche. Foto: Cornelia Höchstetter

BESTES VORZEIGEPROJEKT? 

Der Kulturbahnhof (9) , ehrenamtlich wachge­küsst aus dem Dornröschenschlaf, bild­hübsch renoviert und mit kunterbun­tem kulturellem Leben erfüllt, betrieben von der Stadtteiloffensive Hiltrup e.V.: Von Ausstellungen über Kino, Konzer­te, Lesungen, Kindertheater bis zum 1. Münsterländer Whisky Tag. Übrigens startete LOOP in Hiltrup als Nahverkehr auf Bestellung und die adaptive Beleuchtung auf der Velo­ oute Münster­-Senden wurde zuerst auf einer Teilstrecke in Hiltrup getestet. Bundesweite oder gar internationale Bedeutung hat die Polizeihochschule (10) in Hiltrup.

GRÖSSTES PROBLEM? 

Der Verkehr: Zum Feierabend sind Marktallee, das Nadelöhr am Osttor, und Westfalen­straße hoffnungslos überfüllt. Junge Leute finden in Hiltrups Gastronomie keine wirklichen In­-Kneipen geschwei­ge denn Clubs.

WARUM SOLLTEN SIE HILTRUP UNBEDINGT BESUCHEN? 

Hiltrup hat seit wenigen Wochen einen Historischen Rundgang (Flyer gibt’s unter anderem im Infopunkt): Vier oder zwölf Kilometer lang sind die Touren durch den Ort und durchs Grüne, am Wegesrand stehen 14 Info­-Stelen.
https://infopunkt-hiltrup.de
https://rundgang.muenster-hiltrup.de

ESSEN UND TRINKEN: 

In Hiltrup kann man sich durch verschiedene National­küchen speisen: italienisch, spanisch, griechisch, asiatisch und natürlich auch westfälisch. Es gibt (Eis­-)Cafés mit Au­ßenbereichen, meist zur Marktallee hin.

ZUKUNFTSPLÄNE: 

Keine Zukunft hat die eiserne Prinzbrücke (11) aus dem Jahr 1907 neben der Straßenbrücke. 2025 wird sie abgerissen und irgendwann ei­nen neugebauten Nachfolger bekom­men. Zukunft soll das neue Baugebiet in Hiltrup-Ost mit 1.060 Wohneinheiten schaffen, mit neuen Sportflächen, eige­nem Ortsmittelpunkt inklusive Kita, Grundschule usw.

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Die Prinzbrücke (11) wird oft fälschlicherweise als Prinzenbrücke benannt. Der Rost frisst sie auf, ihr Leben soll nur noch bis 2025 andauern. Foto: Cornelia Höchstetter