MÜNSTER! Magazin

Seine Geschichte sieht man der alten Schmiede an, wenn man sich mit den Details befasst. Damit sie als Büro nutzbar wurde, ersetzten Daniela und Andreas ein grünes Tor und die Klappe im Obergeschoss durch Verglasungen. Radelt man am Kanal und blickt auf die Häuserreihe, ist es fast wie auf einem Nordseedeich. Mancher Gelmeraner geht morgens noch eine Runde schwimmen. Foto: Ulrike Meywald  

N°125


Auf den Spuren des Grafen

Bereits während der Umbauphase erhielten Daniela und Andreas viel Zuspruch für die Herrichtung der um 1910 errichteten alten Schmiede in Mariendorf. Vor allem die älteren Nachbarn erinnern sich an den Ort, wo bis Ende der 1950er Jahre noch Pferde beschlagen wurden. 

Text Ulrike Meywald


„Viele sind vorbeigekommen und haben uns erzählt, wie sie hier früher die Pferde versorgt haben“, erzählt Daniela. Den Wunsch, die alte Schmiede wieder zu einem Schmuckstück zu machen und für ihr CAD-Zeichenbüro zu nutzen, hatte sie schon lange, doch der Weg dahin war lang. „Ich habe 2003 das nebenstehende Wohnhaus von der Stadt ersteigert und damals schon den Wunsch geäußert, später auch die Schmiede zu erwerben.“ 

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Statt Schmiedefeuer verbreitet der Grundofen an gleicher Stelle seine Wärme und reicht an den meisten Tagen zur Beheizung aus. Fundstücke aus der Umbauzeit, wie Werkzeuge aus der Schmiede, dekorieren die mühevoll freigelegte Ziegelwand. Fotos: Ulrike Meywald

Diese war 1997 von der Stadt renoviert worden und wurde bis etwa 2014 von Forstwirten genutzt. Dann folgten sieben Jahre Leerstand, in denen Daniela immer wieder nach der Möglichkeit der eigenen Nutzung fragte. Inzwischen lernte sie Andreas kennen und gemeinsam klappte es dann 2021 endlich, das Gebäude zu erwerben. „Wie schon beim Kauf des nebenstehenden Wohnhauses spielte es sicherlich eine Rolle, dass ich in meiner Bewerbung geschrieben habe, wie sehr mir die Erhaltung dieses geschichtsträchtigen Ortes am Herzen liegt“, ist sie sich sicher.

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Andreas und Daniela hatten viel Freude an der Umgestaltung und erhielten schon während der Bauphase viel Zuspruch der Nachbarn. Foto: Ulrike Meywald

Das Geld der Schweineprinzessin

Wer sich mit dem Stadtteil Mariendorf beschäftigt, stößt unweigerlich auf die adelige Vorgeschichte. Graf Maria Bonifazius Maximilian von Hatzfeld zu Trachenberg lernte auf einer Reise Prinzessin Olga von Manoukbey kennen und heiratete sie 1878. Sie wurde von den Münsteranern „Schweineprinzessin“ genannt, denn ihr Vater, der moldawische Fürst von Kischineff, überließ seiner Tochter als Aussteuer den Erlös vieler tausend Schweine. Von diesem Geld kaufte der Graf Grund und Boden zwischen dem Schiffahrter Damm und Handorf, ließ den Boniburger Wald aufforsten und mehrere Gebäude errichten. Dazu gehörte neben der herrschaftlichen Boniburg auch das Wohnhaus mit der alten Schmiede und Stellmacherei, wo Andreas und Daniela heute wohnen und arbeiten. Der Name des Stadtteils Mariendorf geht ebenfalls auf den Grafen zurück. Maria Seiffert stand lange Zeit als Köchin und Hausdame in seinen Diensten. Sie war an den damaligen Grundstückskäufen beteiligt. Wolfgang Gernert formuliert in seinem Buch Rund um die Boniburg, die Vermutung der Münsteraner, dass es sich um eine amouröse Verbindung gehandelt haben könnte: „Der mit dem Grafen befreundete Landwirt Heinrich Stadtbäumer, (…), soll die Straßensiedlung der gräflichen Arbeiter etwas ketzerisch „Maria ihr’n Dorp“ genannt haben.“ So entstand der Name Mariendorf.

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Links: Im Obergeschoss der alten Schmiede können demnächst zwei Solo-Selbständige den Ausblick in den Wald genießen. Rechts: Die Schmiede ist in früheren Jahren mal in den Garten erweitert worden. Warum dafür zwei Sorten Klinker verwendet wurden, konnte nicht mehr ermittelt werden. Fotos: Ulrike Meywald

Herantasten

Um den geschichtsträchtigen Ort zu erhalten, ging es bei der Instandsetzung der alten Schmiede um den Rückbau vieler Elemente. Bei der Renovierung 1997 war eine Innendämmung mit Gipskartonverkleidung vorgenommen worden. „Wir haben an ein paar Stellen den Gipskarton entfernt und mussten feststellen, dass die dahinterliegende Ständerkonstruktion zum Teil rostig war.“ Das nichtunterkellerte Gebäude hatte außerdem keine funktionierende Horizontalsperre, sodass die Feuchtigkeit in vielen Wänden nach oben gestiegen war. Eine Schlämme und Injektionen im Mauerwerk lösten dieses Problem, eine neue Innendämmung wurde mit zehn Zentimeter starken Mineraldämmplatten geschaffen. An die Stelle des früheren Herdfeuers der Schmiede platzierte das Paar einen Grundofen, der die meiste Zeit des Winters zur Beheizung des Gebäudes ausreichend ist. „Da die Wände zusätzlich die Wärme speichern und langsam wieder abgeben, ist so ein sehr behagliches Raumklima entstanden.“ Zusätzlich gibt es noch eine Gasbrennwertherme.

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Um die Ziegelwand freizulegen, legte das Paar mit Hammer und Meißel selbst Hand an und ließ aus alten Steinen den rechten Pfeiler aufmauern. Foto: Ulrike Meywald
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Damit die gebrauchte Küche zum Gebäude passt, strich Daniela die Schränke mit Klavierlack. Foto: Ulrike Meywald  

Umfunktioniert

Die alte Schmiede und das Wohnhaus stehen nicht unter Denkmalschutz, sind aber kulturlandschaftsprägend, sodass die Fassade nicht geändert werden konnte. Das war auch nicht notwendig, denn es gab große Öffnungen, die nun verglast sind. Das große grüne Tor, was durch Glas ersetzt wurde, wie auch die grünen Klappen an den Giebelfenstern, haben eine neue Nutzung erhalten oder werden das in Zukunft tun. „Die Klappe auf der Gartenseite haben wir in der Mitte geteilt und so Fensterläden daraus gemacht. Die Klappe zur Straße hin ist nun ein Gartentor geworden“, zeigt Daniela.
Bei der gesamten Sanierung sind sie Stück für Stück vorgegangen. „Wir wussten ja an vielen Stellen nicht, was uns erwartet.“ Der feuchte Putz an der Innenwand führte zum besonderen Sichtmauerwerk im heutigen Besprechungsraum. „Erst haben wir nur ein bisschen abgeklopft, aber dann schließlich mit schwerem Gerät oder Hammer und Meißel auf der Leiter“, erinnert sie sich. Das geliehene Sandstrahlgerät, was sich als ungeeignet für die Reinigung der Stahlträger erwies, war genau das richtige für die Reinigung dieser Wand. Links und rechts des Ofens hat das Paar Fundstücke aufgestellt oder montiert. „Die größten waren zwei etwa 1 x 2 Meter große Blasebalge. Einer davon hängt nun in der Gaststätte Hölt‘ne Schluse in der Nähe von Sprakel“, erzählt Andreas. So finden sich überall in Münster Geschichts-Liebhaber.

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Das nebenstehende Wohnhaus ersteigerte Daniela in 2003. Ihr Sohn war damals von den Klappen unter der Treppe begeistert, Daniela lag die Erhaltung des geschichtsträchtigen Ortes am Herzen. Fotos: Ulrike Meywald

Buchtipp

Wer mehr zur Geschichte von Mariendorf und der Boniburg lesen möchte, dem empfehlen wir das Buch Rund um die Boniburg 1875–2013 von Wolfgang Gernert (Daedalos Verlag).