N°123
Ein unerwarteter, friedlicher Park
Der Stadtpark in der Loddenheide ist außergewöhnlich: Entstanden auf ehemaligem Militärgelände liegt er heute als grüne Insel mitten in Gremmendorfs Gewerbegebiet. Der aktuelle Dalai Lama, Tenzin Gyatso, weihte am 7. Juni 1998 die Fläche als Friedenspark ein. Es ist die fünfte Grünanlage aus unserer Reihe Münsters Stadtparks.
Text cornelia höchstetter
DER PARK IN EINEM (langen) SATZ
Zwischen den Gewerbegebäuden der Loddenheide dehnt sich in Gremmendorf für Nicht-Ortskundige ganz schön unerwartet eine Grünfläche namens „Friedenspark“ mit 13,5 Hektar samt Fuß- und Radwegen aus, zwischen Wiesen, Sträuchern, Kunstobjekten, überwucherten Eisenbahnschienen, einzelnen Baumgruppen, einem kleinen Hügel und einem See.
Wo liegt der Park?
In der Nähe der Asphaltmischwerke AMW am Kanal, zwischen Willy-Brandt-Weg, Albersloher Weg, An den Loddenbüschen, Gustav-Stresemann-Weg und Martin-Luther-King-Weg, umringt von Gebäuden der Friedenskapelle, des Software-Entwicklers Vectron Systems, der BabyOne-Franchise- und Systemzentrale, von Europas führendem Online-Händler für Kopfbedeckungen (wirsind.hut.de), der Pensionskasse Deutscher Genossenschaften VVaG und der Zentrale im deutschsprachigen Raum (DACH) von Brooks Sports GmbH, dem Softwareentwickler GWS, dem Computerservice Bechtle Systemhaus samt Schulungsgebäude und weiteren IT-Unternehmen, etwa ratio Data. Außerdem sind unter anderen die Agentur für Arbeit, der Elektrogroßhandel Gautzsch und die FOM Hochschule Hochschulzentrum Münster Parkanlieger: Zwischen all diesen Unternehmen und Einrichtungen ist es grün und macht sich der Friedenspark in Gremmendorfs Nordwesten breit – beziehungsweise eher lang, in Form von drei Fingern.

Zutritt zum Park
In den zweitgrößten Park der Stadt geht es an der Ecke Loddenheide/
Eulerstraße, an mehreren Stellen vom Willy-Brandt-Weg aus, vom Albersloher Weg aus, vom Parkplatz der Agentur für Arbeit aus, vom Gustav-Stresemann-Weg aus und von der
Straße „An den Loddenbüschen“.

So erleben die Besucher den Park
Wer mittags in der Sonne auf den Wegen flaniert, wird viele Beschäftigte der umgebenden Unternehmen treffen, die in ihrer Pause die Auszeit im Grünen genießen. Büro-Flüchtende, die einen Spaziergang machen, sich auf die zahlreichen Bänke setzen oder am See-Ufer den Graureiher beobachten. Der Friedenspark ist Treffpunkt, der Hügel in der Mitte hat Platz für die Handtücher der Sonnenanbeter und die Rad- und Fußwege sind praktische und schöne Abkürzungen innerhalb des Gewerbegebiets Loddenheide. Weil hier offene Flächen überwiegen, kann die Sonne den Friedenspark fluten – sozusagen eine Vitamin-D-Dusche für die Mittagspause. „Tatsächlich war die Grünfläche insbesondere für Anlieger und Beschäftigte der umliegenden Unternehmen gedacht“, sagt Gregor Determann, Landschaftsarchitekt im Amt für Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit. Der Friedenspark ist im Gegensatz zum Wienburgpark oder zum Schlossgarten eher eine Grünfläche für weniger lange Aufenthalte. Ein gutes Ziel für eine Pause im Arbeitsalltag.
ALLE WEGE DURCH DEN PARK
Radfahrer und Fußgänger teilen sich – überwiegend rücksichtsvoll – die Wege. Diese verlaufen einmal um den See, andere queren als „funktionale Trassen“, wie Gregor Determann sagt, den Park
in Nordost-Südwest-Richtung sowie von Nordwest in den Südosten.

Natur-/Kunst-Denkmäler
Die auffallendste Skulptur steht rosarostrot und Graffitti-versprüht ziemlich in der Mitte des Parks und seinen Ausläufern: Die Betonskulptur Die alte Schießmauer der Hamburger Künstlerin Gabriele Staarmann umfasst 15 massive, rosafarbenen Elemente, die jeweils bis zu fünf Tonnen wiegen. Dann gibt es seit 2003 noch eine Art Gipfelkreuz, wenn man es als solches bezeichnen mag: Auf dem Aussichtshügel befindet sich nahe der Baumgruppe auf der Hügelkuppe ein liegendes Stahlkreuz. Der Künstler Professor Dr. Heinz-Günther Prager gestaltete die Stahlskulptur, die den Wandel des Geländes von kriegerischen zu friedlichen Zwecken verdeutlichen soll. Deshalb heißt der Aussichtshügel im Park auch gerne „Kreuzhügel“.
BESONDERE BÄUME
Wichtigster Baum ist sicher die Kastanie – siehe „Geschichte des Parks“. Die schmalen Grünflächen mit den Wegen sind jeweils mit einzelnen Baum- und Strauchgruppen abgegrenzt. Der zentrale Bereich des Parks ist bewusst offen und weiträumig gestaltet. Eine Pappelreihe verbindet das Pumpwerk am See mit der weiten Grünfläche. Am Rand des Aussichtshügels wachsen auf den extensiv gepflegten Flächen (mit später und gestaffelter Mahd, Anmerkung der Redaktion) Obstbäume. Eine wilde Blumenwiese darf im Sommer in allen Farben und Formen mit langen Halmen und Blümchen explodieren. Im südlichen Park-Teil stehen größere Baumgruppen von Silberlinden. In künstlich geformten naturähnlichen Mulden ist Platz für Feuchtwiesen und Röhrichte.


BESONDERE PLÄTZE
Der Hügel unterbricht die grüne Ebene und von oben hat man tatsächlich einen guten Überblick – auch auf die Kunstwerke. Zwischen den Bäumen erahnt man sogar die Friedenskapelle. 1953 ist das Baujahr der ehemaligen All Saints Chapel für das damals stationierte britische Militär. Die ehemalige englische Garnisonskirche war fast verfallen, als das Gewerbegebiet entstand. Der münstersche Unternehmer Egbert Snoek ließ das verfallene Gebäude sanieren, um es als Denkmal zu bewahren (MÜNSTER! No. 122). 2003 eröffnete der Konzertsaal mit den markanten Kronleuchtern. Die Kirche bietet Platz für bis zu 230 Besucher, präsentiert ein großartiges Kultur- und Konzertprogramm und kann zudem von Privatpersonen, Firmen und Vereinen für Veranstaltungen gemietet werden.

WASSER
Was von Bäumen und Büschen inzwischen gut eingewachsen und nur an einigen Stellen einsehbar ist, ist das Reich des Graureihers: der See im Friedenspark. „Eigentlich ist der See ein Regenrückhaltebecken, weil die Flächen rundherum versiegelt sind“, erklärt Gregor Determann von der Stadt Münster die Funktion des Wassers. Das Becken wurde eigens ausgehoben, auf Luftbildern von 1996 sind noch Gebäude statt eines Sees an der Stelle zu sehen. Das Pumpwerk ist ein eleganter Backsteinbau mit halbtransparenter Wand: Zur Aufbereitung des Niederschlagswassers hat 2001 das münstersche Architekturbüro Bolles + Wilson eine Aufbereitungsanlage mit Klärbecken und Pumpenhaus entworfen.

DIE GESCHICHTE DES PARKS
Es klingt paradox: Das heutige Gewerbegebiet samt Friedenspark waren im Ersten Weltkrieg Flugplatz, in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes war es das Gelände des Fliegerhorsts der Luftwaffe – und während des Krieges waren Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis 1993 war es militärisches Gebiet und Kasernengelände der britischen Rheinarmee samt Panzerverladestation und Erschließung über Bahnschienen. Dieses Stück Land im Stadtteil Gremmendorf war für die Bevölkerung über 60 Jahre gesperrt. 1996 begann dann die Umstrukturierung, Blindgänger wurden entfernt und der kontaminierte Boden ebenso. Das komplette Nutzungskonzept der 66 Hektar großen Loddenheide stammte aus der Zusammenarbeit der Stadt Münster, der Sparkasse Münsterland Ost und der Westdeutschen Immobilien Bank. Die neu gegründete Gewerbepark Münster-Loddenheide GmbH (GML) kaufte das Gelände. 1998 begann die Vermarktung. „Man dachte da durchaus schon an große Unternehmen und hochwertiges Gewerbe“, sagt Gregor Determann. Eins der zahlreichen Konversionsprojekte der 1990er Jahren entstand. „Auch deshalb kam es zum Namen Friedenspark.
Die 1990er Jahre waren gekennzeichnet von einer Friedens-Euphorie nach dem Ende des Kalten Kriegs“, sagt Lars Niederwemmer von der Hiltruper nts Ingenieurgesellschaft mbH, die den Park gestaltete. Dazu war 1998 das Jahr, in dem Münster 350 Jahre Westfälischen Frieden feierte. Zu Gast auf Einladung der Oberbürgermeisterin Marion Tüns war der Dalai Lama. Er pflanzte am 7. Juni den ersten Baum des Parks und im Halbkreis um seine Kastanie setzen Ehrengäste und britische Soldaten sechs Linden. Außerdem wurde ein ovaler grüner Gedenkstein enthüllt (Entwurf: Architekten Bolles + Wilson, Münster). Seine Inschrift: „Frieden nimmt bei jedem von uns seinen Anfang. Tenzin Gyatso, Seine Heiligkeit, der 14. Dalai Lama von Tibet und Träger des Friedensnobelpreises, pflanzte im 350. Jahr des Westfälischen Friedens diese Kastanie inmitten des früheren Schießstandes am 7. Juni 1998 und widmete 15 Hektar des ehemaligen Militärgeländes Loddenheide zum Park für Frieden und Verständigung.“
Desweiteren wurden alle Straßen im Gewerbepark nach Friedensnobelpreisträgern benannt.

EINKEHREN/PICKNICKPLÄTZE/SPIELPLÄTZE
Mit mitgebrachter Frisbee-Scheibe, Volleyball oder Federball werden die Wiesen schnell zum Spielfeld. Platz für Picknick ist auf Bänken, Wiesen und auf dem Hügel. Dann sind am Rande des Parks folgende Gastronomiebetriebe verteilt: Ristorante Artusi, Martin-Luther-King-Weg 11, der Imbiss Best Curry in Town in der Loddenheide 7 oder das Restaurant Da Vinci am Linus-Pauling-Weg 8. Fußläufig zu erreichen ist der Bäcker Krimphove an den Loddenbüschen.

ANBINDUNG AN DEN ÖPNV
An der Haltestelle „Willy-Brandt-Weg“ am Albersloher Weg halten die Linien 6 (Kinderhaus, Hauptbahnhof, Hiltrup) und 8 (Kinderhaus, Hauptbahnhof, Angelmodde, Wolbeck) sowie der Schnellbaus S 30 nach Beckum. An den Loddenbüschen hält weiterhin die Linie 17, ebenfalls vom Hauptbahnhof und Kinderhaus kommend und das Gewerbegebiet erfahrend.
Apropos Schienen: Im Friedenspark liegen noch die alten Schienenverbindungen, die früher an die derzeit noch stillliegende Bahnstrecke Sendenhorst-Münster angebunden war. „Die Schienen gehören zu der alten Stichstrecke zur Panzerverladerampe“, sagt Gregor Determann. Sie sollten beim Park-Bau erst noch als Reserve liegen bleiben, wurden dann aber doch an manchen Stellen abgebaut. Wo sie heute noch verlaufen, wächst zum Teil wilde Natur drüber und sie geben der Umgebung
Linien. An einer Stelle unterbrechen rotweiße Bahnabsperrungen die freie Fahrt der Fahrradfahrer, die ein unfreiwilliges Zickzack um die Absperrung radeln müssen: Obwohl hier kein Zug quert – wie die Westfälischen Nachrichten am 10. April 2021 in ihrem Artikel die unnötige Absperrung abmahnten.
ANSCHLUSS AN WEITERES STADTGRÜN
Der Friedenspark liegt zwar im Bogen des Kanals, aber jenseits des Albersloher Weges zieht sich der grüne Gürtel Richtung Heumannsweg, die Wiesen und Felder rund um Haus Lütkenbeck, Richtung Wolbecker Straße und in Richtung des Flusses Werse nach Kasewinkel und schließt sich schließlich an die Münsterländische Parklandschaft Richtung Ems und Telgte.