N°144
Reingeboren in die Gastronomie
„Schon vor meiner Geburt bin ich mit der Gastronomie hier im Steakhaus in Berührung gekommen“, sagt Sebastian Willming. Denn dort, wo er heute bei Maredo an der Neubrückenstraße die Geschicke leitet, war seine Mutter Christiane Kolmsee im zuvor hier angesiedelten Churrasco auch in ihrer Schwangerschaft mit Sebastian im Service. Und das ist exakt 38 Jahre her.
Text britta heithoff
„Ich kenn Dich schon länger als Du Dich selbst kennst“, frotzelte Griller Tariq kürzlich, als er im Alter von 68 nach 45 Jahren am Grill (erst bei Churrasco und dann bei Maredo) in Rente ging. Das sagt viel darüber aus, wie Sebastian Willmings Verbindung zum Steakhaus an der Neubrückenstraße ist. Der Ort und die Steaks sind ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Beziehungsweise stand seine Wiege sinngemäß an diesem Ort. Als Sebastian am 4. März 1987 im St. Franziskus Hospital geboren wurde (Herzliche Glückwünsche, das ist ja in diesen Tagen!) hatte er das Gastronomie-Gen also quasi schon im Blut. Die Familie lebte erst in Münster, zog dann nach Altenberge, hier wohnt Sebastian bis heute. Als Kind war er sehr schüchtern und ruhig, „damals war es nicht vorstellbar, dass ich mich mal so frei wie heute unter Gästen und Team bewegen würde“, erzählt Sebastian.

Motto seiner Schulkarriere war bis zum Hauptschulabschluss: „So wenig wie möglich tun“, lacht Sebastian. Dennoch bliebt er dran – mit Realschulabschluss, Fachabi (hier ging es weniger um Sprachen, das half!) und schließlich sogar einem BWL-Studium an der FH Dortmund.
Währenddessen jobbte er dort, wo seine Wurzeln waren. Erst in der Spülküche des alten Maredo, schließlich an der Bar, dann tastete er sich unter Grill-Koryphäe Tariq (siehe Anfang des Berichts) an die Beilagen heran, schließlich ging er auch in den Service und galt nun als „Mädchen für alles und für überall, wo Not am Mann war“.
„Ich habe dann immer mehr gemerkt, dass das Theoretische des Studiums nichts für mich ist“, erzählt Sebastian. „Lieber wollte ich meine Karriere im Maredo System weiterentwickeln. Eine Ausbildung brauchte ich damals dafür nach so viel Berufserfahrung nicht und konnte die Prüfung ablegen als Fachmann für Systemgastronomie, denn den Traum von einer späteren Selbständigkeit hatte ich im Hinterkopf.“ In dieser Form arbeitete Sebastian fast acht Jahre bei Maredo, übernahm die Betriebsleitung im Maredo Düsseldorf, schaute sich im Laufe der Zeit aber auch ganz andere Jobs an, etwa im Einzelhandel.

„Als das alte Maredo 2020 insolvent war, kamen die Besitzer der Immobilie hier in Münster auf mich und meine Mutter zu, wir hatten ja beide reichlich Jahre hier verbracht und kannten alles wie unsere Westentasche: Wir könnten doch jetzt selbst ein Restaurant betreiben, ein Steakhaus gab es hier schließlich schon immer. Kompetenz war da und sogar der Grill stand noch. Die Immobilienbesitzer vertrauten uns und investierten, wir entwickelten das Maredo-Konzept individuell weiter und begannen dann als allererste Franchisenehmer überhaupt mit einem für Münster neu aufgesetzten Gastronomiebetrieb unter dem alten und vertrauten Namen.“
Im September 2021, mitten in der Pandemie, eröffnete das neue Maredo unter der Leitung von
Sebastian. „Ich bin jetzt Geschäftsführer“, sagt er, „aber auch Manager vor Ort am Gast, ich stehe am Empfang, grille auch mal, bin im Service, Gastgeber, auch mal Klempner!“ Er lacht.
Auch wenn die Steak-Expertise nach wie vor im Mittelpunkt steht, das Konzept wurde natürlich mit den Jahren angepasst. Die wirklich umfassende Salatbar zieht auch bei Vegetariern und Veganern, ebenso der vegane Burger, Familien mit unterschiedlichen Vorlieben kommen gern gemeinsam her. Im hinteren Teil des Restaurants gibt es große Tische und gemütliche Ecken für größere Gruppen. „Heute entscheiden sich die Gäste bewusster für Fleisch, sie essen vielleicht weniger, sind aber dafür qualitätsbewusster“, beobachtet Sebastian die Nachfrage. „Daher wissen sie auch unsere Steak-Expertise und das Wissen um Grillgrade und Co. zu schätzen.“

„Meine Lieblingsspeise hier bei Maredo ist das
Entrecote Rib Eye Steak, mal mit Ofenkartoffel, mal mit Süßkartoffelpommes. Ohne Sauce, nur mit Kräuterbutter – das Steak spricht für sich!“ Sebastian Willming
Und wie läuft dann so ein Tag im Restaurant für Sebastian? „Ihr könnt mich Rettungsschwimmer nennen!“, resümiert er. Neben allen anderen Aufgaben bewegt er sich vor allem auch aufmerksam beobachtend durch die tief ins Gebäude hineinragenden Räume, guckt, ob alles läuft, unterstützt, und springt herbei, „wenn jemand untergeht“, etwa weil eine größere Gruppe eingetroffen ist. „Aber ehrlich gesagt: Das Schönste sind ja die Abwechlsung und das Unvorhersehbare!“, findet Sebastian. Zwei Dutzend Menschen arbeiten insgesamt mit ihm und für ihn bei Maredo Münster, Sebastians Mutter Christiane Kolmsee eingeschlossen.
„Am schlimmsten ist es, wenn mal nichts zu tun ist (etwa im heißen Sommer, Maredo an der Neubrückenstraße hat leider keine Außengastronomie, Anmerkung der Redaktion). Action und richtig Stress ist das Beste, ich bin dann so stolz aufs Team!“

Und wie sind Sebastians Zukunftspläne? „Beruflich ist es gerade spannend, da wir auch noch Auf Messers Schneide, ehemals America Latina, in der Neubrückenstraße 50 übernommen haben. Unser Kollege David war hier im Maredo Assistent der Geschäftsleitung, er steuert jetzt ,die Schneide‘. Und ich helfe aus dem Hintergrund, bin ja ein Freund davon Mitarbeiter zu fordern und zu fördern. Wir werden das Konzept dort weiterentwickeln und im Frühjahr da die wirklich riesige Terrasse mit über 100 Plätzen neu eröffnen.“

Und was ist Sebastian privat für einer? „100 Prozent Familienmensch“, platzt es aus ihm heraus. Dem Nichtraucher und Nicht-Kaffeetrinker („Das ist ungewöhnlich in der Gastro“, so Sebastian) ist es wichtig, Familie und Freunde zu treffen (manchmal schwierig bei den Arbeitszeiten), er besucht gern den Onkel in den Niederlanden („Urlaub in der Ferne brauche ich nicht“), liebt es, mit Neffen und Nichten etwas zu unternehmen, genießt die Zweisamkeit mit seiner Ehefrau Tanja (die auch schon bei Maredo eingesprungen ist, was Sebastian aber zu vermeiden versucht, weil er diesen Stress lieber von ihr fern halten will: „Ein Gastromensch pro Paar reicht!“.) In Restaurants gehen sie dann in ihrer Freizeit nicht so gerne, lieber kochen sie selbst. Im Sommer will Sebastian übrigens erstmals eine Auszeit nehmen. Dann wird er zum ersten Mal Papa! Ein Leuchten huscht über sein Gesicht, denn damit geht ein ganz großer Wunsch in Erfüllung. Wir wünschen alles Gute!
Maredo
Maredo schaut auf eine über 50-jährige Steakhouse-Geschichte an diesem Standort zurück.
Schon vor dem Krieg war hier das Theater-Café Menke angesiedelt. Anfang der 1970er-Jahre eröffnete
das Churrasco als erstes auf argentinische Steaks spezialisiertes Restaurant in Münster. Damals war diese südamerikanische Speise noch eine exotische Neuerung in unserer Stadt. Auf Churrasco folgte Maredo, die Kette ging 2020 in die Insolvenz, und das Restaurant in Münster eröffnete mitten in der Pandemie als erster Franchise-Linzenzbetrieb des „neuen“ Maredo überhaupt.
