MÜNSTER! Magazin

Alle drei Säle sind erneuert worden, vom Fußboden über Kinosessel,  Leinwände und Wandbehänge bis hin zu den Lampen. Foto: Schloßtheater

N°144


Das gute alte,
 
neue Schloßtheater 

Es ist das älteste Kino der Stadt, und war lange für seinen urigen, muckelig-gemütlichen Charakter im 1950er-Jahre-Stil beliebt. Letztes Jahr im Sommer wurde das Schloßtheater saniert. Was sich alles verändert hat – und was geblieben ist – verrät uns Programmchefin Madita Kondratjuk im Gespräch. 

Text nina lenze


Ein Arthousekino am Kanonierplatz 

„Als erfolgreiches Arthousekino gehört das Schloßtheater zur Münsterschen-Filmtheater-Betriebe GmbH, einem Familienunternehmen, das auf stolze 80 Jahre Tradition zurückblickt“, erklärt Madita Kondratjuk, die lange für das Kinder- und Jugendprogramm verantwortlich war und heute Programmchefin ist. Familie Esch, das sind die Brüder Ansgar und Anselm zusammen mit Vater Felix Esch, führt das Schloßtheater seit seiner Gründung 1953. Außerdem betreiben sie seit 2000 das moderne CINEPLEX Münster und sind seit 2019 Geschäftsführer im Cinema & Kurbelkiste an der Warendorfer Straße. 

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Familie Esch, hier von links Ansgar, Anselm und ihr Vater Felix Esch, betreibt seit über 100 Jahren Kinos. Mit ihrem Engagement und ihrer Liebe zum Kino haben sie einenGroßteil zum Kino-Innovationsgeist in Münster beigetragen, denn die Lichtspiel­häuser sind hier schon lange sehr beliebt. So wurde das Schloßtheater seinerzeit etwa als eins der ersten Kinos in Deutschland mit Cinemascope-Leinwand gebaut, ein damals ganz neues Bildformat. Foto: Schloßtheater

Gemeinsam und doch individuell 

Etwa einmal im Monat kommen die Programmchefinnen und -chefs der drei Kinos zusammen und sprechen die Filmauswahl ab. Selten laufen Filme doppelt in den Häusern. „Und wir schauen immer, dass die einzelnen Filme den Sehgewohnheiten des jeweiligen Publikums entsprechen.“ Während im 
Cinema eher Independent-Filme und gesellschaftspolitisches Kino und im CINEPLEX neben großen deutschen Produktionen viele US-amerikanische Filme zu sehen sind, zeigt das Schloßtheater am 
Kanonierplatz hauptsächlich niveauvolle europäische Filme, anspruchsvolle Unterhaltung und ein hochwertiges Kinderfilmprogramm. Zudem gibt es regelmäßig Kulturveranstaltungen mit RegisseurInnen, SchauspielerInnen und KünstlerInnen, die mit dem Publikum in Dialog treten. Vor allem dieses cineastische Begleitprogramm hat dem Schloßtheater schon über 100 Auszeichnungen eingebracht, zuletzt den Spitzenpreis für das bundesweit beste Kinder- und Jugendkinoprogramm, der von der Beauftragten für Kultur und Medien des Bundes (BKM) Claudia Roth verliehen wurde.

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Im Café- und Foyerbereich dominieren Grün- und Goldtöne, eine Referenz an die Anfangszeit des Kinos. Foto: Schloßtheater

Denkmal trifft Moderne 

Kino, das ist nicht nur ein Filmerlebnis mit allen Sinnen, sondern auch Ausgehen und andere Menschen treffen, ein gemeinsames Erlebnis genießen. Und das Schloßtheater bietet noch dazu eine nostalgische Kulisse. Dass nun gerade dieses Schmuckstück einer Sanierung unterzogen werden sollte, stieß bei vielen Schloßtheater-LiebhaberInnen zunächst auf Skepsis. Neu und frisch sollte es werden, Denkmal mit Moderne verbunden werden. So die Idee, die schließlich umgesetzt wurde. Beim Innenraumdesign des Foyer- und Cafébereichs ist das alte Farbkonzept von Grün und Gold wieder aufgegriffen worden, quasi als Referenz an die Anfangszeit des Kinos. Die Wände und Polsterbezüge der Stühle und Bänke sind in mattem Grün gehalten und stehen im stilvollen Kontrast zu den goldenen Rahmen um die Leuchten und Kino­anzeigen und zu den goldverspiegelten Säulen. Das Foyer stammt noch aus den 2000er Jahren. Die Theke ist komplett umgestaltet worden und bietet jetzt mehr Arbeitsstationen und eine übersichtlichere Aufteilung für den Verkauf von Kinotickets und den gastronomischen Angeboten. Die Fenster sind nach wie vor einfach verglast, da deren Optik aus Denkmalschutzgründen erhalten bleiben musste. Der alte Steinboden ist ebenfalls erhalten, dafür wurde das Parkett teilweise neu verlegt. „Außerdem ging es uns um einen modernen Sitzkomfort, daher haben wir die Bestuhlung des Cafés erneuert.“ Madita Kondratjuk gerät ins Schwärmen: „Insgesamt wirkt hier alles großzügiger und irgendwie leichter. Eine echte ästhetische Verbesserung“. 

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„Ich finde meinen Beruf toll und bin wirklich gerne Programmchefin“, erzählt Madita Kondratjuk. „Mehrmals die Woche schaue ich mir neue Filme an, natürlich mit ‚beruflicher Brille‘. Außerdem besuche ich ver­schiedene Festivals wie die Berlinale oder das Filmfest München sowie regelmäßig Veranstaltungen von Verleihern.“ Foto: Nina Lenze

Eine energetische Sanierung war notwendig 

Das von Hans Ostermann in den 1950er Jahren er­baute Schloßtheater eröffnete 1953 als sogenanntes Einsaalkino, in dem zunächst 600 Zuschauer Platz fanden. Der große Saal hieß schon damals Schloßtheater. In den 1980er Jahren erfolgte dann eine Umgestaltung in ein Schachtelkino mit drei kleineren Sälen. Neben dem Schloßtheater gab es ein Movie und ein Smoky, das jedoch mit dem Rauchverbot in Woody umbenannt wurde. Seit 2000 steht das Schloßtheater nun unter Denkmalschutz, was sich unter anderem am Kinonamen zeigt: Aus Schloßtheater würde laut neuer Rechtschreibung Schlosstheater werden; da der Name allerdings an der denkmalgeschützten 
Fassade prangt, bleibt es beim scharfen ‚ß‘ im ‚Schloß‘ und damit beim Schloßtheater. Da auch sonst an der Fassade keine Änderungen vorgenommen werden durften, konnte nur von innen gedämmt werden. Und das war notwendig, da sich die gestiegenen Energiekosten der letzten Jahre im Kino bemerkbar gemacht haben. „Schon 2023 haben wir neue Kinoprojektoren angeschafft, die nicht nur qualitativ hochwertiger waren, sondern auch sparsamer im Stromverbrauch“, führt Madita Kondratjuk aus. Dennoch musste langfristig mehr passieren. Für die Innendämmung und die hohen Brandschutzauflagen mussten zusätzlich Plätze weichen. „Insgesamt haben wir jetzt 150 Plätze weniger. Das ist schon eine ganze Menge.“ Auch weil die neuen Kinosessel um einiges größer und die 
Reihenabstände großzügiger sind, weshalb man jetzt wesentlich bequemer sitzt als in den alten Klapp-Kinostühlen. Nach langer Recherche entschieden Ansgar und Anselm Esch sich für Kinosessel aus Italien, mit einer höheren Rücklehne und einer breiteren Sitz­fläche. 

„Da wir durch die Sanierung einiges an Plätzen verloren haben, hatten wir zunächst Sorge, nicht ausreichend Karten anbieten zu können. Tatsächlich verteilen sich die BesucherInnen heute aber besser.“ Madita Kondratjuk

In allen Sälen sind die Leinwände erneuert worden, es liegt neuer Teppich und an den Wänden leuchten neue Lampen auf neuen Wandbespannungen. Im großen Saal gibt es außerdem zwei Rollstuhlplätze, in den kleineren Sälen gibt es jeweils einen. Die gab es auch schon vor dem Umbau, jetzt sind sie allerdings größer, so dass hier auch E-Rollis Platz haben. Barrierefreie Toiletten waren schon lange vorhanden. Ansonsten sind die Bäder alle neu gestaltet. Zudem ist die Küche erneuert worden. Es gibt wieder eine kleine Karte mit verschiedenen Flammkuchen und einem Schloßtheater-Teller mit Wurst- und Käsespezialitäten. Denn abends wird das Kino gern als Kneipe genutzt. Alles in allem war diese Komforterneuerung durchaus sinnvoll, da sie dem Kino letztlich neue Attraktivität verleiht. Ursprünglich waren mal 800.000 Euro veranschlagt, mittlerweile sind es über eine Million Euro geworden. Fördermittel gab es aus dem Zukunftsprogramm Kino, außerdem vergünstigte Kredite. Und was sagen die Leute im Viertel? „Die allermeisten BesucherInnen reagieren positiv und zeigen Verständnis dafür, dass wir die Preise angepasst haben. Da wir durch die Sanierung einiges an Plätzen verloren haben, hatten wir zunächst Sorge, nicht ausreichend Karten anbieten zu können.“ Denn Hauptkinotag ist natürlich immer noch der Samstag. „Tatsächlich verteilen sich die BesucherInnen heute aber besser und wir können auch andere Tage gut besetzen.“ Nach wie vor gibt es vergünstigte Angebote wie das Familienkino und den StudiKinoTag am 
Donnerstag. 

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Foto (links): Schlosstheater / Foto (rechts): Sabrina Schmid
 
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Abends wird das Café auch gern als Kneipe genutzt. Foto: Schloßtheater

Kino für die Kleinen 

Eine wirklich lange Tradition hat außerdem das KinderFilmFest, das immer in der zweiten Herbstferienwoche stattfindet und in diesem Jahr zum 43. Mal veranstaltet wird. Hier geht es um Kino für die Kleinen, für Kinder mit einem Alter ab vier Jahren. An dieser Stelle hat Münster eine Vorreiterrolle inne, da es das „KiFIFE“ seit 1983 gibt und es damit eines der ältesten Kinderfilmfeste in Deutschland ist. Das KinderFilmFest ist eine Kooperation mit dem Kinderbüro der Stadt Münster und der FH Münster, die Madita Kondratjuk als sehr fruchtbar beschreibt. Gemeinsam wird jedes Jahr ein umfangreiches Festival­programm für Kinder mit etwa 26 Filmen aus der ganzen Welt erarbeitet. Wenn keine deutschen Synchronfassungen existieren, sitzen SprecherInnnen live im Saal. Ausgewählte Filme werden zudem von GebärdensprachdolmetscherInnen übersetzt. Gezeigt werden die verschiedensten Filmarten, von Realfilmen über Animationsfilme, Lang- und Kurzfilme bis hin zu fiktionalen und non-fiktionalen Filmen (solche mit und ohne Realitätsbezug, Anmerkung der Redaktion) und seit 2024 Dokumentarfilme. Das Begleitprogramm ist vielfältig. Es gibt jede Menge Workshops, offene Bastelangebote, Regiekurse für Kinder und eine Festivalredaktion. Über 3.000 BesucherInnen und Filmgäste lockt das KinderFilmFest jährlich an. Auch junge SchauspielerInnen sind dabei. So stattete 2024 der Silas-Darsteller Luis Vorbach aus Die Schule der magischen Tiere dem Festival einen Besuch ab. Ein Kinderkinoteam regelt das Kino vor Ort. Schon mehrmals gab es Auszeichnungen für das KinderFilmFest, zuletzt 2023 für das beste Kinder- und Jugendprogramm. 

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Der Schauspieler Luis Vorbach, Silas-Darsteller aus „Die Schule der magischen Tiere“ zu Besuch beim KinderFilmFest 2024. Foto: Schloßtheater
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Foto: Schloßtheater

Kino-Highlights 2025  

Viele Programmpunkte für das Schloßtheater ergeben sich erst nach der Berlinale, die dieses Jahr vom 13.–23. Februar in Berlin stattfand – während dieses Heft durch die Druckmaschinen lief. Dennoch verrät uns Madita Kondratjuk eine kleine Auswahl der kommenden Filme. Am Donnerstag, 27. Februar, starteten gleich zwei neue Filme, nämlich die Filmbiographie des US-amerikanischen Singer-Song­writers Bob Dylan Like a Complete Unknown von James Mangold, sowie Heldin, eine schweizerisch-deutsche Spielfilmproduktion von Petra Volpe, die von einer Pflegefachfrau im Ausnahmezustand handelt. Ab Donnertag, 20. März, wird dann der neue Film von Tom Tykwer Das Licht anlaufen, in dem es um das Drama einer syrischen Immigrantin geht. Wer sich selbst ein Bild von der gelungenen Sanierung des Schloßtheaters machen möchte, findet in dieser Auflistung vielleicht schon den ein oder anderen Film als Anlass für den nächsten Kinobesuch!