MÜNSTER! Magazin

Im Westen viel Neues: So wird sich das Eingangstor am Rishon-Le-Zion-Ring präsentieren. Rechts (nicht im Bild) befindet sich die Mensa, im Hintergrund ist der Turm der evangelischen Lukas-Kirche zu sehen. Visualisierung: adawittfeldarchitektur

N°144


EIN DRITTER TURM FÜR DAS UKM

Im Hintergrund leuchten die beiden weißen Türme in der Sonne. Das neue, noch im Bau befindliche Hochhaus wirkt mit seinen 14 Stockwerken dagegen fast ein wenig klein. Doch es ist nicht nur eine neue Landmarke am Coesfelder Kreuz in Münsters Westen, sondern steht symbolisch für ein  gigantisches Entwicklungsprogramm des Universitätsklinikums Münster (UKM).

Text veit christoph baecker


„Seit Eröffnung der beiden bereits bestehenden Klinikum-Türme ist dies die erste große Umgestaltung des Universitätsklinikums. Wenn in rund zehn Jahren der Neubau des Operationszentrums neben dem Zentralklinikum abgeschlossen ist, ist es sicher für längere Zeit auch die letzte.“ Dr. Christoph Hoppenheit, seit 2006 kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums (UKM), ist für dieses millionenschwere Projekt verantwortlich, das sich aus vielen Einzelteilen zusammensetzt. Er ist nicht nur der Hüter des Geldes, sondern mit seinen Vorstandskollegen auch für die vielen Rochaden zuständig, die sich durch Umzüge und Verlagerungen von ganzen Abteilungen in der Bauphase ergeben. Eine kniffelige Aufgabe, denn die Übergänge müssen nahtlos sein – Pausen im Betrieb kann sich das UKM nicht leisten. Über zehn Jahre Bauzeit und sicher genauso lange Planungsphasen davor, un­gezählte Gespräche mit dem Land NRW als Geldgeberin, unzählige Treffen und Abstimmungsrunden waren für dieses Vorhaben erforderlich, das voraussichtlich Mitte des kommenden Jahrzehnts (!) abgeschlossen sein wird.

MÜNSTER! Magazin
Eine neue Landmarke für Münsters Westen: Noch ist der neue Turm des UKM am Coesfelder Kreuz eingerüstet (links, Foto: Universitätsklinikum Münster) und so wird das neue Servicecenter des UKM nach der Fertigstellung aussehen (rechts, Visualisierung: kadawittfeldarchitektur). Ab Ende 2025 werden die 14 Stockwerke bezogen.
 
 

Das alte, neue Coesfelder Kreuz 

Die (Ver-)Wandlung am Coesfelder Kreuz ist enorm. Wo heute rege Bautätigkeit herrscht und eben nun auch ein Hochhaus in die Höhe ragt, waren noch vor wenigen Jahren eine graue unscheinbare Schotterfläche sowie eine überdimensionierte Straßenunterführung. Als eigentlich unbebaubar galt der beliebte Park-and-Ride-Parkplatz, so viele Versorgungslei­tungen liefen darunter her. Doch die gute Lage zum Klinikum, als Beginn oder Abschluss des Albert-Schweitzer-Campus’, ließ zarte Träume zu einem handfesten Projekt wachsen. 

Vier auf einen Streich 

Gleich vier Vorhaben werden hier parallel verwirklicht. Das Servicecenter ist für die Verwaltung reserviert. Rund 400 Arbeitsplätze finden dann in dem Glas betonten Bau Platz. „Die Eröffnung Ende 2025 ermöglicht uns, viele externe Standorte aufzugeben“, erläutert Christoph Hoppenheit. Die so eingesparten Mietkosten könnten mit dem 40 Millionen-Euro-Neubau in spätestens 22 Jahren kompensiert werden. Fachbereiche, die derzeit an bis zu vier Standorten arbeiten müssen, können hier wieder zusammengezogen werden. Im Erdgeschoss werden eine Bäckerei mit Café sowie ein Restaurant einziehen. So kann eine Versorgungslücke im ganzen Quartier geschlossen werden.

MÜNSTER! Magazin
Dr. Christoph Hoppenheit, Kaufmännischer Direktor am UKM. Foto: Universitätsklinikum Münster

„Die Eröffnung Ende 2025 ermöglicht uns, viele externe 
Standorte aufzugeben.“ Dr. Christoph Hoppenheit

Im Westen was Neues 

Westlich vom neuen Turm entsteht das Studienlabor. Eine Deutschlandpremiere, erdacht von Prof. Dr. med. Bernhard Marschall, Studiendekan der Medizinischen Fakultät der Uni Münster und Initiator von Studienhospital und Limette (siehe Münster! No. 137). Hier werden ab Sommer 2025 Studierende an die praktische, experimentelle Forschung im Labor herangeführt. Ist es bislang üblich, dass die angehenden Medizinerinnen und Mediziner erfahrenen Forschern über die Schulter gucken können, übernehmen sie im Studienlabor selbst Verantwortung. In festen Teams betreuen die Studierenden Forschungsprojekte, die zuvor im Plenum bewertet und mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wurden. Näher an die späteren Arbeitsbedingungen vor und im Labor können die jungen Frauen und Männer nicht kommen. Nicht nur für das UKM bietet dieses didaktische Konzept enorme Chancen, denn ohne ambitionierte Forschung kommt die Medizin nicht aus. Darüber hinaus werden innovative Lern-, Lehr- und Interaktionsflächen geschaffen. 

MÜNSTER! Magazin
Das historische Coesfelder Kreuz – durch die Form als Gabelkreuz bezeichnet - ist der Namensgeberfür den Verkehrsbereich rund um das Servicecenter. Foto: Veit Christoph Bäcker

Am Ring geht’s rund 

Entlang des Rishon-Le-Zion-Rings finden sich ab Anfang 2026 in den typisch münsterländisch geklinkerten und mit weißen Fensterelementen abgesetzten Gebäuden das Medizinische Forschungs-Centrum MedForCe sowie das Body-and-Brain-Institute Münster (BBIM). Im MedForCE erhalten das Centrum für Medizinische Genetik, die Institute für Mikrobiologie, Hygiene und Virologie sowie der Core Facility Genomics eine gemeinsame Heimat. Die übrigen Flächen stehen für modernste Labore zur Verfügung – insgesamt rund 29.000 Quadratmeter für rund 700 Mitarbeitende. Das Neue an diesem Standort: Wenn ein Forschungsprojekt beendet ist, gehen die Räume an ein neues Team. „Das ist effiziente Nutzung auf höchstem internationalem Standard“, unterstreicht Christoph Hoppenheit.  

Das BBIM konzentriert sich in seiner Forschung auf die Wechselwirkung von Körper und Gehirn und den Möglichkeiten therapeutischer Modulation. Rund 200 Mitarbeitende werden hier arbeiten. Im Verbindungsgang zum MedForCe wird ein Bild­gebungszentrum untergebracht. 

MÜNSTER! Magazin
Das Medizinische Forschungs-Centrum MedForCe bietet eine hochmoderne Laborstruktur und wird Sitz von mehreren Instituten. Visualisierung: Nickl & Partner

„Das ist effiziente Nutzung auf höchstem internationalem  Standard.“ Dr. Christoph Hoppenheit 

Den Standort stärken 

Die Neubauten erweitern nicht nur die Möglichkeiten des UKM, sondern unterstreichen zugleich auch seine Bedeutung für den Standort Münster. Mit weit über 11.000 Mitarbeitenden ist das Universitätsklinikum der größte Arbeitgeber der Stadt. Die Patientinnen und Patienten kommen zur medizinischen Versorgung aus dem gesamten Münsterland und weit darüber hinaus – jährlich werden rund 500.000 ambulante und stationäre Fälle behandelt. Neben Spitzenmedizin steht das UKM auch für Spitzenforschung und -lehre. Das rasante Wachstum des UKM, so stiegen allein zwischen 2009 und 2019 die Medizinischen Leistungen um 40 Prozent, wurde bislang nicht mit einem Zuwachs an Flächen begleitet. In allen Bereichen des UKM, das betont der kaufmännische Direktor – seien die Ansprüche aber gestiegen und neue Aufgaben dazugekommen. Die jetzt durchgeführte Neustrukturierung und Ergänzung der Immobilien tragen diesem Wachstum Rechnung.   

Blick in die Zukunft 

Und obwohl die Baustelle am Coesfelder Kreuz längst noch nicht abgeschlossen ist, blicken die Planer schon in die Zukunft. Da warten beispielsweise die Innensanierung der Türme, die Neubauten der Pathologie und des Operationszentrums oder die Gestaltung der 21. Etage des Westturms. Hier soll in der siebtgrößten Kinderklinik Deutschlands zum Jahresende mit Spiel- und Aufenthaltsbereichen ein besonderer Raum für Kinder und ihre Eltern entstehen. Denn hinter allem steht das Wohl und die Gesundheit der Menschen.  

MÜNSTER! Magazin
1983 wurden die beiden „ersten“ Türme des UKM nach elfjähriger Bauzeit und ebenso langer Planungsphase eröffnet. Mit mehr als 90.000 Quadratmetern Nutzfläche bieten die über 60 Meter hohen Gebäude derzeit rund 1.500 Betten Platz. Jeweils zwei Zylinder schließen an einen eckigen Turm an und verleihen so der Skyline von Münster eine charakteristische Prägung. Rund 1 Milliarde D-Mark flossen in den Bau der „Bettentürme“, die vom Aachener Architekturbüro Weber, Brand & Partner geplant wurden. Die ursprünglichen Entwürfe sahen sogar drei Doppeltürme vor, die Baukosten verhinderten dies jedoch. Auch der auf dem Dach angedachte Hubschrauberlandeplatz wurde nie verwirklicht. 2018 wurde die Fassadenerneuerung der Türme abgeschlossen, in deren Zuge die Gebäude um jeweils ein Stockwerk erweitert wurden. Auch die Aufzüge wurden modernisiert. Die komplette Innensanierung erfolgt in den kommenden Jahren bei laufendem Betrieb. Und über das 2023 eröffnete Café-Bistro 21 Ost ganz oben auf dem der Innenstadt zugewandten Turm berichten wir demnächst.