MÜNSTER! Magazin

Foto: John Heithoff

Oktober 2020 N°95


Marmelade, Gemüse & Obst 
von Regina Thöben

Zum Abschluss des Interviews erzählt sie noch ein „Döneken“. Das ist so typisch für all die herzlichen Markt­menschen, die wir schon kennengelernt haben: Sie sind echt und haben Humor. Aber wir wollen nicht vor­greifen. Dürfen wir vorstellen? Regina Thöben. Seit etwa 
60 Jahren am Wochenmarkt Münster anzu­treffen. Ein Original mit Sinn für Nachhaltigkeit, längst bevor dieser Ausdruck in Mode gekommen ist.

Text Britta Heithoff


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Foto: John Heithoff

„Als Kotens wurden wir von unseren Eltern immer mit zum Markt genommen“, erzählt Regina Thöben von ihrer Kindheit als eines von fünf Geschwistern. Zu Schulzeiten gab es samstags eine klare Aufgabenteilung: Mit an den Stand zum Aufbauen, Kunden beraten, Verkaufen – oder auf dem Hof putzen, fegen, kochen für die Familie.“ Der Sinn für Landwirtschaft, Natur und auch für den Handel mit den eigenen Produkten ist Regina Thöben und ihren Geschwistern, aber auch deren Nachkommen in die Wiege gelegt: Diverse Verwandtschaft ist auf Münsters Markt mit Ständen vertreten (Anmerkung der Redaktion: etwa Kräuter Rohlmann und Gemüse Westenberg, Nichte und Neffe von Regina Thöben).

Den Hof ihrer Eltern hat die erfahrene Markthändlerin zwei Jahre lang gemeinsam mit ihrer Schwester geführt, dann hat sie auf dem Hof ihres Mannes weitergearbeitet. Das Geschäftsmodell: Saisonales Obst und Gemüse anbauen, ernten und auf dem Markt verkaufen. Hört sich einfach an. Ist es aber nicht. Denn dahinter verbirgt sich natürlich Knochenarbeit bei Wind und Wetter. („Auf dem Markt stehen bei Sturm? Ist doch nix. Stehen Sie mal bei Sturm auf dem Feld!“).

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Foto: John Heithoff

Aber jammern liegt Regina Thöben nicht. Selbst nach der Geburt ihrer Söhne hat sie nur zwei Wochen auf dem Markt gefehlt, es musste ja weiter gehen. Diese Einstellung half ihr auch, als sie mit den Jungs im Alter von sechs Jahren und sechs Monaten plötzlich als Witwe dastand.

Die Arbeit mit den Rhythmen der Natur und der Marktmonate, -wochen und -tage war sicherlich stabilisierend – die Söhne Martin (30) und Stefan (37) stehen schon lange auf eigenen Füßen. Die anstrengende Sechs-Tage-Woche („Sonntags muss man ja auch mal Freunde treffen und Bekanntschaften pflegen!“) wird im kommenden Jahr etwas entspannter, denn Regina Thöben lässt ihre Landwirtschaft mit Hofladen bis dahin langsam auslaufen. Mit 65 Jahren will sie nun kürzer treten, weniger aufs Feld, kräfteschonender durch die Zeit kommen, auch mal die Schwester und deren Kleingarten im fernen München besuchen, Sport treiben, zum Stammtisch gehen, die Landfrauen treffen, an die Ostsee fahren.

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Familiensache! Schon Regina Thöbens Mutter handelte auf dem Wochenmarkt – auf 
dem Prinzipalmarkt! – ein Marktszene mit ihr wurde sogar als Münster-Ansichtskarte gedruckt. Archivfoto: Thöben 
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Die Liebe zu den Marmeladen entstand, weil kein Obst verkommen sollte. Dass sie nicht nur mit einer patenten Selbstverständlichkeit, sondern auch mit Hingabe gekocht sind, schmeckt man. Foto: John Heithoff

Ans komplette Aufhören ist freilich nicht zu denken. Und zwar unter anderem aus Nachhaltigkeitsgründen: „Was soll denn mit all den Früchten passieren, die bei mir wachsen?“. Das fragte sich die patente Marktfrau, wenn sie Teile ihrer Obsternte am Markttag nicht verkauft hatte. Also begann sie Marmeladen zu kochen. Viele Marmeladen. Besondere Marmeladen. Und diese wird sie auch weiterhin in aller Ruhe produzieren und auf dem Markt anbieten. 35 Sorten sind es inzwischen, neu etwa ist „Orange-Holunder“ (Empfehlung!), Regina Thöbens Lieblingsmarmelade ist die „Päsken“. Päsken? Das sind hiesige, kleine und etwas unansehnliche Pfirsiche mit dickwolliger Haut. Und die wird feinsäuberlich abgezogen, bevor das Frucht­fleisch zur Lieblingsmarmelade wird. Kannten wir nicht. Finden wir aber spannend!

Und all dies erfährt man eben, wenn man mit den Markleuten ins Gespräch kommt. Regina Thöben etwa verrät auch Rezepte, zum Beispiel für eine Kürbissuppe aus Zutaten, die sowieso fast jeder im Haus hat. Und wenn Sie länger mit ihr plaudern, dann kommen Sie vielleicht auch in den Genuss des verschmitzten „Dönekens“, von dem zu Anfang dieses Textes die Rede war …