MÜNSTER! Magazin

Astrid Meyer und ihr Sohn Till aus Münsters Fischbrathalle sind zwei von vielen tausend Gesichtern der Gastronomie in Münster und im Münsterland. Foto: Peter Leßmann 

N°127


Gesichter der Gastronomie 

Die Kneipe an der Ecke, das preisgekrönte Sternelokal, der quirlige Imbiss, das immer wieder gern besuchte Traditionsrestaurant: Was haben sie alle gemeinsam? Es sind die Menschen, die hier für ihre Gäste Schicht für Schicht kilometerweit laufen, die bergeweise Gemüse schnippeln, sich Nächte um die Ohren schlagen, die immer dann arbeiten, wenn wir anderen „frei“ haben, die kräftig zupacken und gar nicht so selten auch sensibel zuhören. Die Gastronomie in Münster und im Münsterland lebt von genau diesen Menschen. Von serviceorientierten Persönlichkeiten, enthusiastischen Cafébetreibern und leidenschaftlichen Köchen. Von Spülern mit „dickem Fell“, von fleißigen Nachtgestalten mit wachem Blick und Türstehern mit deeskalierender Persönlichkeit. Ohne Euch, liebe Gastronomie-Gesichter der Region, wäre rund um unseren Genuss und unsere Zeit an Theken, in Kneipen und an köstlich bereiteten Tafeln alles: nichts. Und darum widmen wir den Persönlichkeiten in der Küche, den flinken Händen an den Zapfhähnen, den kreativen Konzeptionern und unermüdlichen „Runnern“ eine neue, ganz eigene Serie. Monat für Monat werden wir sie nun vorstellen. Unsere „Gesichter der Gastronomie“. 

Text Britta Heithoff


FRAU MEYER, DER FISCH UND VIEL MEHR

Ihr komplettes Leben hat Astrid Meyer, geborene Wildemann, in Münster gelebt, sie ist eine richtige „Paohlbürgerin“. Und seit fast 40 Jahren ist die gebürtige Münsteranerin täglich in der Fischbrathalle anzutreffen. Ein Leben für den frischen Fisch? Da geht noch mehr! 

Wie das Leben so spielt, wenn man sich f(r)isch verliebt. Wer Astrid Meyer heute in der Fischbrathalle schwere Teller jonglierend von Tisch zu Tisch laufen sieht, der erkennt in ihr vielleicht die ehemalige Chefin des Ladens, erahnt die Liebe zu Fischküche und Familienunternehmen. Und doch kennt er vermutlich nur einen Teil der Geschichte. Und weil das so ist, erzählen wir nun mal den Rest. Besser gesagt: einen Teil davon!

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Astrid Meyer von der Fischbrathalle, Münster Foto: Peter Leßmann  

Denn möglicherweise hätten Sie Astrid Meyer heute auch bei Juwelier Oeding-Erdel antreffen können. Nach ihrem Abitur am Pascal-Gymnasium absolvierte die Münsteranerin nämlich genau dort Mitte der 1970er Jahre eine Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandel. Nächste Station war das Sporthaus Hanewinkel und Illigens am Drubbel. Astrid spürte damals schon: Stillsitzen auf einem Bürostuhl „das war nicht meins, das ist es nicht und das wird es auch nicht mehr“, lacht die sportliche Mitsechzigerin heute. In Bewegung wollte sie sein.

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Ihre sportliche Fitness hilft auch im Service: Astrid Meyer liebt es, die Fischspezialitäten „immer wieder hin und her“ aus der Küche an die Tische zu bringen. Das kurze Gespräch mit den Gästen gehört gerne dazu. Fotos: Peter Leßmann 

Und weiterlernen. Lehrerin wollte sie werden, begann an Münsters Pädagogischer Hochschule, kurz „PH“, ihr Studium für Deutsch und Kunst – und verdiente sich parallel ihr Geld beim Kellnern, unter anderem in der damaligen Gaststätte Knickelmann. (So langsam kommen wir der Sache näher!) Doch dann. Kam der Mann. „Natürlich“ in der Gastronomie lernte sie Michael Meyer kennen. Genauer gesagt: im Piano an der Frauenstraße. Der „Sohn der Fischbrathalle“ hatte mit voller Unterstützung seiner Eltern Bauzeichner gelernt und studierte nun Bauingenieurwesen. Von einer Zukunft in der Fischbrathalle war nie die Rede gewesen, „mach, wozu Du Lust hast!“ rieten die Eltern.

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In der Vergangenheit hat Astrid Meyer in der Küche gearbeitet, hier etwa die „Bons annonciert“, und Beilagen vorbereitet. Heute liebt sie die Stunden im Service, ganz nah am Gast und im Trubel der Fischbrathalle. Foto: Peter Leßmann

Doch Lust verändert sich. Denn das junge Paar, Astrid und Michael, begann, über die Zukunft zu sprechen. Am liebsten wollten sie selbständig sein. Eine Familie gründen. Ihr Leben aktiv gestalten! Also wurde umgedacht. Vielleicht doch das (schwieger-)elterliche Unternehmen, die Fischbrathalle übernehmen? Ja. Michael absolvierte eine Koch-Ausbildung im ET up‘n Bült und sorgte so für die Grundlage. Und dann passierte ganz viel auf einmal: Tocher Rike wurde geboren, die jungen Eltern übernahmen die Fischbrathalle und wurden direkt mit der größten beruflichen Krise ihrer Laufbahn konfrontiert: Die Nematodenkrise, ausgelöst durch reißerische Medienberichte über Fadenwürmer im Fisch, ließ die Besucherströme im Restaurant zeitweise komplett versiegen. „Das war schlimm“, erinnert sich Astrid Meyer.

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Tausende Handgriffe, die sitzen: Die legendäre Stippmilch rührt Astrid Meyer täglich persönlich frisch an – mit wechselndem Kompott je nach Saison. Fotos: Peter Leßmann

Doch Krisen sind dafür da, sie zu wuppen. Der Laden lief wieder, ein Familienunternehmen wie es im Buche steht. Sohn Till wurde geboren, die Kinder hatten im Hinterzimmer der Fischbrathalle fortan ein Spielzimmer und wurden von Oma und Opa mitbetreut, kamen später nach der Schule zum Essen ins Restaurant. „Ich war aber immer auch aktiv mit Rike und Till, habe sie nach dem Dienst einen vorn einen hinten auf den Fahrradsitz gesetzt und bin mit ihnen zum Zoo, zum Mühlenhof oder zum Spielplatz geradelt“, erinnert sich Astrid Meyer. „Für mich und meinen Mann lag der Fokus immer auf der Familie – dazu gehörte übrigens auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung, an die wir die Kinder von Beginn an herangeführt haben.“ Apropos gesund! Sport spielt schon lange eine zentrale Rolle in Astrid Meyers Leben. 25 Jahre lang hat sie nach Feierabend im Bodyheat Fitnessstudio trainiert, später bei Provital und auch Marathonlaufen hat zur allgemeinen Fitness beigetragen – Respekt! „Und ich nähe leidenschaftlich gern!“, erzählt Astrid Meyer. „Im Haus der Familie habe ich es gelernt, heute entwerfe und schneidere ich meine oft farbenfrohe Kleidung in einem der ehemaligen Kinderzimmer bei uns zuhause im Südviertel, übrigens fädle ich hier auch individuelle Schmuckstücke!“ Wow, nicht zu bremsen diese Frau.

Bei der täglichen Arbeit flitzt Astrid Meyer im schwarzen Fischbrathallen-T-Shirt durch die kultigen Gasträume an der Schlaunstraße. Seit einigen Jahren haben ihre Aufgaben sich geändert: „In der Küche bereite ich Salate und das tägliche Stippmilch-Dessert vor und dann geht’s in den Service“, so Astrid Meyer, „das macht mir so viel Freude, das hätte ich schon eher machen sollen!“ strahlt die fünffache Oma. „Wenn Gäste super zufrieden sind und betonen, wieviel Vielfalt wir aus dem Fisch herausholen und wie viel Mühe wir uns gemacht haben: Dann habe ich richtige Glücksgefühle.“

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Foto: Peter Leßmann 

Seit 1926 ist die Fischbrathalle an der Schlaunstraße 8 DIE Adresse für Fischküche in Münster. Der Gastraum versprüht ganz bewusst den Charme vergangener Zeiten. Geleitet wird das Familienunternehmen heute in vierter Generation von Till Meyer. Was viele nicht wissen: Sie können hier auch Frischfisch kaufen und (sogar rein vegetarische!) Caterings ordern! Geöffnet von Dienstag bis Samstag von 11 bis 15 Uhr.

fischbrathalle-muenster.de
Ergänzende Leseempfehlung: münster-inside.de/eat-and-drink/restaurants/fischbrathalle