MÜNSTER! Magazin

Am liebsten ist Romy Dircks auf der Werse unterwegs. Foto: Nina Lenze

N°127


Im verrückten Grün
EIN ATELIERBESUCH BEI ROMY DIRCKS

Es wächst und sprießt überall, die Vögel zwitschern und die Werse schwappt verschwenderisch ans Ufer. Schräg gegenüber der Pleister Mühle hat Romy Dircks ihr Atelier. Die überbordende Natur inspiriert die Künstlerin zu farbintensiven Malereien. 

Text nina lenze


Romy Dircks fällt auf. Mit ihrem sommerlichen Kostüm in hellem Grün mit Puffärmeln und Spitzenbesatz passt sie wunderbar ins Bild der üppigen Natur, in der alles blüht und wild durcheinander wächst. So gekleidet und entsprechend gestylt wähnt man sich in einer Art Freilufttheateraufführung, mit Romy Dircks in der Hauptrolle. Die Pleister Mühle ist früher ein Rittergut gewesen, das heutige Atelier der Künstlerin eine Kornkammer. Seit 25 Jahren arbeitet Romy Dircks hier, mit weiteren Ateliers und Kreativagenturen in der Nachbarschaft. Es war eine bewusste Entscheidung für diesen Ort, an dem sie zusammen mit ihrer Katze und zwei kleinen Pekinesen-Mischlingen sehr für sich sein und tagelang in ihre Arbeit eintauchen kann. „Ich wollte immer gerne draußen leben. Am Wasser zu sitzen und die Natur zu spüren macht mich zuversichtlich.“

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Das Porträt ist 2023 als Speedpainting mit Acrylfarbe und Kohle entstanden. Das zeitliche Limit legt sie selbst fest. Hier waren es drei bis fünf Stunden. Foto: Nina Lenze

Über die angewandte Kunst zur Malerei gekommen

Für unsere Verabredung hat Romy Dircks alles fürs Malen im Freien vorbereitet. „Pleinairmalerei“ steht auf dem Programm, wie im 19. Jahrhundert, als französische Impressionisten bevorzugt unter freiem Himmel bei natürlichen Licht- und Schattenverhältnissen malten. Schon von klein auf hatte Romy Dircks eine künstlerische Ader. Nachdem die gebürtige Rheinenserin zunächst einen medizinischen Beruf erlernt hatte, zog sie in den 1990er Jahren zum Designstudium nach Münster. „Da mir immer schon viele Ideen durch den Kopf gingen und ich gern gebaut habe, hat Produktdesign gut zu mir gepasst.“ Anschließend hat sie einige Zeit im Eventbereich gearbeitet und Figuren und Kostüme für Veranstaltungen entwickelt, unter anderem für den münsterschen Zoo und den Hafenverein. Bald kam jedoch die Begeisterung fürs freie Malen, das schließlich ihre Hauptbeschäftigung wurde.

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links Sonntags ist hier so eine Art Galerietag, an dem Romy Dircks ihre aktuellen Arbeiten präsentiert.Natürlich nur bei gutem Wetter. rechts Und wenn sie nicht gerade draußen in der Natur ist, verbringt sie die meiste Zeit in ihrem knapp 60 qm großen Dachatelier. Je nach Stimmungslage eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit. Fotos: Nina Lenze 

Raus auf die Werse

Hinterm Haus liegt eine kleine Terrasse mit eigenem Bootssteg. Ein guter Platz zum Malen. Heute geht‘s jedoch direkt aufs Boot raus auf die Werse. Mit ihrem wallenden Kleid hievt Romy Dircks Staffelei, Leinwand und Farbpalette ins Boot, bevor sie selbst mit einem weiß berüschten Sonnenschirm unterm Arm hineinsteigt. Es dauert nicht lange, eh sie sich auf dem Boot eingerichtet hat. Und nach ein paar Ruderschlägen ist sie auf dem Wasser. Die stilistische und thematische Bandbreite ihrer Bilder ist groß. Mit sichtbarem, locker aufgetragenem Pinselstrich sind Porträts, Tiere, Landschaften und auch abstrakte Darstellungen skizziert und in expressiven Farbtönen sinnlich nachempfunden. Es ist die Magie der Farbe, von der Romy Dircks sich leiten lässt. „Denn Farbe geht über die Seele“, erläutert sie mit leuchtenden Augen.

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Beatrix Temlitz und Jürgen Schneider vom Heimat- und Kulturkreis inmitten des Breilmannschen Droste-Denkmals Fiedler Knauf - Heidemann - Spinnlenore von 1975.  Foto: Nina Lenze

Die schillernde Welt am Wasser

Eine Vorliebe für Wassertiere wie Eisvogel, Fischreiher und Nutria ist klar erkennbar. Dabei ist der Eisvogel eins ihrer Lieblingssujets. Der scheue bunte Vogel mit seinen schillernden Farben und flinken Bewegungen ist wie ein unsichtbarer Begleiter am Wasser, den sie immer wieder beobachtet und malerisch in leuchtendem Türkis einzufangen versucht. Aber auch Wasserlandschaften und bunte Blumensträuße tauchen immer wieder auf. „Ein Strauß Blumen ist für mich wie eine Operette, in der die Farben und Formen miteinander tanzen.“

Individuelle Körperlandschaften

Um’s Menschsein geht es in ihren Porträts, die sie gern mit antiken Rahmen kombiniert. Ihre Aktdarstellungen haben dagegen eher zarten Charakter. Die Körper sind klar umrissen und an einzelnen Stellen mit Farbe ausgefüllt. „Mich interessiert dabei vor allem die Körperlandschaft, die jeden einzelnen ausmacht.“ Die abstrakten Bilder strahlen schließlich pure Farbigkeit aus. Hier werden geometrische Formen oder Spuren des Pinsels nachempfunden und verschiedene Materialien künstlerisch verarbeitet.

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In ihrer Freizeit schraubt Romy Dircks gern an alten Autos rum, und zwar bei einem Bekannten in der Kfz-Werkstatt. Reparieren macht einfach Spaß, und alte Dinge wieder flott zu machen ist absolut erfüllend. Foto: Nina Lenze

Die Kraft der Natur

„Draußen in der Natur zu sein inspiriert mich ungemein“, schwärmt Romy Dircks, wieder an Land gegangen. „Im sich wiederholenden Rhythmus der Jahreszeiten liegt etwas Verlässliches, Beruhigendes. Der Sommer braucht den Winter, der Frühling den Herbst und so weiter. Und trotzdem bleibt ein Moment der Unkontrollierbarkeit. Dieses Zusammenspiel fasziniert mich.“ In ihren Bildern setzt sie sich mit unterschiedlichen Licht- und Schattenverhältnissen auseinander, die sich auch auf die Kraft der Farben auswirken. Natürlich geprägt von ihrem Umfeld, der idyllischen Lage an der Werse, im stillen Grün.

„Im sich wiederholenden Rhythmus der Jahres­zeiten liegt etwas Verlässliches, Beruhigendes. Und trotzdem bleibt ein Moment der Unkontrollierbarkeit. Dieses Zusammenspiel fasziniert mich.“ ROMY DIRCKS

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Foto: Nina Lenze 
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Landschaften werden meist mit Öl gemalt. Alle anderen Sujets entstehen mit Acrylfarben und Mischtechniken. Das Experimentieren mit anderen Mitteln wie Schellack, Spiritus, Kleister oder Kaffee verleiht den Farben eine haptische Note oder bringt sie noch mehr zum Leuchten. Foto: Romy Dircks

„Wer bei mir anklopft, ist willkommen! Ich schätze gerade den persönlichen Kontakt.“ ROMY DIRCKS 

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Fotos: Romy Dircks

Am liebsten persönlich 

Romy Dircks ist bevorzugt regional unterwegs. Von Münster hat sie einmal Stadtansichten gemalt. Mit Prinzipalmarkt, Dom, Fernsehturm und anderen Wahrzeichen der Stadt. „Münster ist eine überschaubare Stadt, in der schnell jeder jeden kennt. Außerdem kann man fast alles mit dem Fahrrad erreichen.“ Vielen ist Romy Dircks von einem Spaziergang an der Pleister Mühle bekannt. Sonntags ist hier so eine Art Galerietag. Je nach Wetterlage präsentiert die Künstlerin ausgesuchte Werke vor ihrem Atelier. „Wer an so einem Tag bei mir anklopft, ist willkommen! Ich schätze gerade den persönlichen Kontakt.“

Offene Ateliers in Münster und Rheine

Einmal pro Woche veranstaltet Romy Dircks ein Offenes Atelier. Dienstags in Rheine und mittwochs in Münster. Die Treffen hier finden in ihrem großen Atelierraum unterm Dach statt, natürlich mit Blick auf die Werse. Meist ergeben sich die Kontakte auf persönlicher Ebene. Grundsätzlich kann aber jeder dazustoßen. „Ich möchte andere ermutigen, selbst künstlerisch tätig zu sein.“ Genau darum geht es in den Workshops: die eigene Kreativität zu entdecken und die Energie des künstlerischen Schaffens mit anderen zu teilen. Romy Dircks’ Bilder sind immer wieder in verschiedenen Ausstellungen zu sehen, zum Beispiel in der Pleister Mühle, in der Villa am Dümmer See und im Kunstkreis Spektrum 88 Rheine e. V. „Sehr gerne gehe ich auch auf münstersche Viertelmärkte.“ Ansonsten gibt es immer wieder Präsentationen in ausgesuchten Hotels, in der gehobenen Gastronomie oder bei hochwertigen Inneneinrichtern. Und so gelangt das „im verrückten Grün“ Entstandene an Orte aller Arten.

romydircks.de

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Bei ihren Offenen Ateliers ermutigt Romy Dircks andere, sich künstlerisch auszudrücken. Der Kurs in Münster findet immer mittwochs von 15 bis 18 Uhr statt. Foto: privat