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Die vielseitige Orient Bowl von Beetschwester: Ein buntes Tel Aviv Tabouleh, dazu serviert werden Blumenkohlröschen nach Israels Starkoch Eyal Shani, knackige Gurkenschleifen, Tomätchen sowie ein süß-pikanter Dattel-Curry-Dipp und Tahini-Dressing. Foto: Beetschwester

N°118


Vegan – Genuss für alle

Zusammen ausgehen, den Gaumen verwöhnen, es sich gut gehen lassen – Münsters vielseitige Gastronomie macht dies möglich. Und sie bereichert auch immer mehr mit einem veganen Angebot: mit Gerichten, die rein pflanzlich auskommen, ohne Fleisch, Fisch, Milch- und Eierprodukte. Wir haben in vier verschiedenen  Restaurants nachgehakt: Wie sind die Beweggründe für das vegane Angebot und wie sehr trifft es in Münster auf Zustimmung? 

Text Sarah Luisa Ostermann


Veganer Döner? Ja! Bei Sayf Kebab 

„Wo soll es sonst funktionieren, wenn nicht in Münster?“, lacht Sfiban Abdal, Betreiber des veganen Dönerladens Sayf Kebab. Das Konzept eines veganen Dönerladens habe er aber schon lange im Kopf, erzählt er. Er habe gesehen, dass Döner eines der Lieblingsessen der Deutschen sei und gleichzeitig geschaut, was im Kommen ist. „Am Anfang haben mich noch alle für blöd verkauft, als ich erzählt habe, dass ich einen veganen Dönerladen aufmachen möchte“, schmunzelt er. Ursprünglich fing der 29-jährige 2009 eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker an, beendete diese aber ein Jahr später. Den Umstieg in die Gastronomie habe er nie bereut. 

Er stammt selbst aus einer Gastronomen-Familie, seine Eltern arbeiteten auch in einem Dönerladen, sein Bruder ist Koch. 2017 eröffnete er mit diesem seinen ersten Dönerladen in Mecklenbeck. Schon dort versuchte er, ein veganes Konzept durchzubringen, doch das sei nicht so gut gelaufen, wie geplant. In Münster-Innenstadt sei so etwas einfacher. Zu Beginn bot er sowohl einen Dönerspieß aus Fleisch an als auch einen in vegan. Für den veganen Dönerspieß wurden extra Proben in einem Labor in Lüdinghausen angefertigt. Die dort ansässige GmbH FZM Vegan stellt in diesem Labor vegane Fleischersatzprodukte her. Abdal begann mit den Professoren vor Ort im Januar 2019 seine Proben. Vier Monate später entstand ein Dönerspieß aus Erbsenprotein und Seitan (Kost aus gewürztem Weizeneiweiß), den Abdal heute in seinem Laden verwendet.

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Illustration: Sfiban Abdal

„Wo soll es sonst funktionieren, 
wenn nicht in Münster?“

Sfiban Abdal 
Sayf Kebab

Mittlerweile produziert das Unternehmem veganes Dönerfleisch für ganz Deutschland, und seit Juni dieses Jahres läuft Abdals Laden an der Aegidiistraße nun ausschließlich vegan. Erst habe Abdal Sorge gehabt, dass ein rein veganer Dönerladen nicht auf genügend Zuspruch treffe, mittlerweile seien diese Sorgen aber fort: „Ich habe viele Stammkunden, und es werden immer mehr“, freut er sich. Die Saucen, die er allesamt selbst zubereitet, seien sowieso seit Beginn vegan gewesen, wie auch sein Cigköfte- und Falafel-Rezept (Cigköfte sind vegane türkische Frikadellen). Das Falafel-Rezept stamme von seiner Mutter, das Cigköfte Rezept „vom Meister selbst“ – einem Freund aus Urfa, der türkischen Stadt, aus welcher die Bulgur-Bällchen kommen. „Das Schöne ist, du verbreitest nichts Schlechtes,“ freut sich der Gastronom. Aus seiner Heimat im Irak sei er nur „gutes“ Fleisch gewohnt gewesen, außerdem sei er selbst schon immer tierlieb gewesen. Mittlerweile ernähre er sich zu 90 Prozent vegan. 

Münsters erstes vegane Restaurant: Krawummel 

Das erste vegane Restaurant in Münster ist die Krawummel auf der Ludgeristraße. Sie wurde bereits 2013 von Swen Gödde und Tina Schuth gegründet. Swen Gödde sei über Umwege in die Gastronomie gekommen, Tina Schuth schon immer in der Gastronomie tätig gewesen, erzählt Restaurant­leitung Mona Doods. Die beiden hätten damals beschlossen, dass Münster mehr veganen Input brauche. Auch die Mokel Bar im Kuhviertel wurde aus diesem Grund von Swen Gödde zusammen mit Haya Celebi gegründet – hier werden sowohl Drinks als auch herzhafte vegane Gerichte serviert. Beide Inhaber treibe der Tierschutz an, für welchen sie sich auch in ihrer Freizeit stark einsetzten, berichtet Doods. Das Angebot bei Krawummel: Von klassischen Salat­tellern mit verschiedenen Toppings über verschiedene Burger, Bowls, Chili mit Reis oder Suppe bis zu klassischem Döner und Süßem. Obwohl jedes Gericht vegan ist, wollen sie das Label nicht als Aushängeschild benutzen.

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Die bunten Cupcakes bei Krawummel mit den Geschmacksrichtungen Lemoncake, Vanille-Schoko, Schoko-Himbeer, Double Choc, Apfel-Mandel und Vanille-Himbeer  Foto: Krawummel

„Immer mehr Leute befassen sich mit dem Thema, und auch ältere Leute kommen in den Laden und sind zu 99 Prozent immer sehr begeistert.“

Mona Doods
Krawummel

„Studierende zieht das Angebot so oder so an, immer mehr Leute befassen sich mit dem Thema, und auch ältere Leute kommen in den Laden und sind zu 99 Prozent sehr begeistert“, berichtet Mona Doods. Sie selbst ernähre sich seit 2018 vegetarisch und seit 2019 vegan, „das kam mit Krawummel, dass ich komplett vegan wurde.“ Während ihres Ernährungswissenschaften-Studiums arbeitete sie lange Zeit bei Krawummel als Aushilfe, im Januar dieses Jahres übernahm sie die Restaurantleitung, mit gerade mal 22 Jahren. Die Betreiber hätten gemerkt, wie sehr ihr Herz für den Laden brenne, und daraufhin hätte sich diese Möglichkeit ergeben. „Hier zu arbeiten, ist aktuell mein Traumjob“, schwärmt sie. Die Rezepte sind alle selbst kreiert, selbst Weiß- und Rotkraut werden vor Ort zubereitet. „Das Einzige, was hier nicht selbst gemacht ist, ist Ketchup“, lacht sie. Das Team sei ein sehr junges, bei dem alle für das Thema Veganismus empathisch seien, auch wenn sich nicht alle vegan ernährten. „Das muss auch nicht zwingend sein“, findet sie. 

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Krawummels köstlicher Hayati Veggie Döner mit hauseigenem Dönerfleisch und frischen Zutaten aus der Salatbar sowie der selbstgemachten Sour Cream. Foto: Krawummel

Eine kleine Oase: Beetschwester 

Diese Einstellung teilt auch Regina von Westphalen, Besitzerin der Beetschwester auf der Tibusstraße. „Die Beetschwester ist eine kleine Oase inmitten von Beton“, schwärmt sie. Als Schwesterbetrieb gehört Beetschwester zum Gasthaus Großer Kiepenkerl, das von den Eheleuten Wilma von Westphalen und Klaus Friedrich Helmrich sowie von Regina von Westphalen selbst betrieben wird. Obwohl im Großen Kiepenkerl eine sehr regionale und westfälische Küche vorherrscht, sei schon „seit knapp vier Jahren“ unter den drei Bestseller-Gerichten auch immer ein vegetarisches gewesen, erzählt Regina von Westphalen. Da sie selbst unheimlich gerne reise, essen gehe und viel vegan und vegetarisch koche, sei es ihr Wunsch gewesen, noch eine weitere Küche anzubieten – die Idee für Beetschwester entstand: „Für mich war der Laden ein echtes Anliegen, da ich so noch experimentierfreudiger bei den Gerichten sein kann.“ Von ihren Reisen bringe sie gerne Gewürze aus anderen Ländern mit und lasse sich von neuen Gerichten inspirieren. Aktuell sei die Karte bei Beetschwester sehr israelisch geprägt, da sie dort in diesem Jahr Urlaub gemacht habe. Alle sechs bis acht Wochen wechselt die Karte und wird saisonal angepasst. Nur die Klassikerseite bleibt das ganze Jahr erhalten. Mittlerweile gehe auch das Klientel vom Großen Kiepenkerl gerne rüber zur Beetschwester.

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Beetschwesters Tel Aviv Tabouleh. In diesem Salat vereinen sich Couscous, eingelegte Aprikosen, Mandeln und Limettensaft. On top kommen Blumenkohlröschen. Im Hintergrund sind die hausgemachte Basil-Limo und eine hausgemachte Erdbeeren-Minz-Limo. Foto: Beetschwester

„Der Zuspruch wird immer größer, man merkt, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet.“

Regina von Westphalen 
beetschwester

„Selbst große Firmen wie die Rügenwalder Mühle verkaufen mittlerweile mehr vegetarische Fleischalternativen als Fleisch.“ Ihr Treiber für das Konzept seien das Tierwohl und das Tierleid. „Auch im Großen Kiepenkerl achten wir darauf, und es gibt nur Fleisch von Tieren aus artgerechter Haltung, von dem wir wissen, von wo es kommt“, erzählt sie. Das Konzept bei Beetschwester sollte ursprünglich ein vegetarisches sein, mittlerweile sei aber fast alles vegan, da man keine Abstriche feststelle. Regina von Westphalens aktuelles Lieblingsgericht ist  die Orientbowl: „Ein Tabbouleh aus getrockneten Aprikosen, Mandeln, Kräutern, Zitrone und Couscous.“ Demnächst bringt sie zusammen mit ihrer Mutter Wilma von Westphalen auch noch ein Kochbuch heraus: „In diesem kochen wir mit denselben Gemüsestars jeweils ein anderes Gericht“

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Und auch für den süßen Zahn wird bei Beetschwester gesorgt: Unter anderem mit der Amalfi Love – einem hausgemachten Zitronenkuchen, dazu hier ein Espresso als Girls Gedeck mit Cookie. Foto: Beetschwester

Vegan in der indischen Küche: Namaste 

Im indischen Restaurant Namaste im Bahnhofviertel ist von Fleisch, über Fisch bis zu veganen Gerichten alles vertreten. Die Besitzer Rajesh Padmanabhan und Jasmine Rajesh erzählen, dass jedoch am häufigsten vegetarische und vegane Speisen geordert werden. „Zur indischen Küche zählen ohnehin besonders viele vegane Gerichte“, erklärt Rajesh Padmanabhan. Das habe viel mit der antiken Hinduismus-Tradition zu tun, in der niemandem Leid zugefügt werden soll. 

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Ein leckeres Tomaten Uthappam von Namaste: herzhafte Crêpes auf Basis von Reis und Linsen mit Koriander. Dazu serviert werden Kokos- sowie Tomaten-Chutney und Sambar (ein veganes Gemüse-Curry). Das Gericht stammt aus Süd­indien. Im Hintergrund: weitere köstliche Currys (Chicken Korma, Palak Paneer und Vegetable Biriyani). Foto: namaste_muenster

„Zur indischen Küche zählen ohnehin besonders viele vegane Gerichte“

Rajesh Padmanabhan 
Namaste

Rajesh Padmanabhan kommt aus Südindien aus dem Bundesstaat Kerala, der bekannt für seine Gewürze ist. Für Gäste, die scharfes Essen weniger gewöhnt sind, haben die beiden Besitzer extra ein Schärfesystem eingeführt, sodass jeder individuell entscheiden kann, wie scharf das Gericht sein soll. Die Köche bei Namaste stammen aus Nord-, Süd-, und Westindien, daher gebe es eine große Bandbreite an indischen Gerichten aus verschiedenen Regionen. Am Anfang haben sie mit einem kleinen Menü begonnen und dieses später auf die individuellen Fähigkeiten der Köche spezialisiert. Eines der Stammgerichte bei Namaste sei Dosa, eine Spezialität aus der südindischen Küche. Dosa ist ein Crêpe aus Reis und Linsen – für die Herstellung des Teigs benötige man bis zu 36 Stunden, erzählt Padmanabhan. Das Gericht kann sowohl mit Fleisch als auch mit verschiedenen vegetarischen und veganen Angeboten gegessen werden. Gerade aber die vegetarischen und veganen Varietäten würden sich besonders eignen, da man so auch neues exotisches Gemüse ausprobieren könne. Wie sehr vegane Gerichte die indische Küche prägen, sieht man allein an den Vorspeisen bei Namaste – drei der vier Vorspeisen sind ohnehin vegan. „Und alle vegetarischen Gerichte können ohne Probleme auch vegan zubereitet werden“, erklärt Padmanabhan. Dafür müsse in den meisten Fällen nur mit Tofu oder Kokosmilch substituiert werden. In Zukunft soll die Speisekarte noch vergrößert werden – hinzukommen sollen unter anderem mehr vegane Gerichte. Denn der Zuspruch in Münster sei schließlich dafür da. 

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Unsere Redakteurin Sarah Luisa Ostermann ernährt sich seit drei Jahren vegan. Die 27-Jährige erwähnte das im Nebensatz in einer Redaktionssitzung – so war die Idee für diesen Beitrag geboren. Foto: Privat

Der vermutlich häufigste Grund für vegane Lebensweisen ist der Wunsch, dass Tiere nicht für die Ernährung der Menschen ausgebeutet werden. 
Wir finden: Veganer Genuss kann auch für Nicht-Veganer immer mal wieder eine Alternative sein. Denn die Ideen dazu sind vielfältig! 

Sayf Kebab & Vegan Food
Aegdiistraße 13
sayfkebab.de

Krawummel
Ludgeristraße 62
krawummel.de

Beetschwester
Tibusstraße 6
beetschwester.de

Namaste
Hamburger Straße 4
namaste-muenster.de