N°129
DAS EISEN MODERN GESCHMIEDET
Sie begeistern sich für Altes und die Kombination mit modernen Elementen. Daher ist die ehemalige Schmiede von Nienberge genau der richtige Ort zum Wohnen und Arbeiten für Thea und Alex.
Text ULRIKE MEYWALD
Wann die Schmiede auf dem Johannisberg in Nienberge erbaut wurde, ist nicht genau belegt. Erste Aufzeichnungen stammen von vor über 200 Jahren. Neben dem Wohnhaus, zur Straße hin, gibt es einen rückwärtigen Teil mit großer Deckenhöhe, in dem damals die Pferde beschlagen wurden. Die Beschaffenheit des Untergrundes in diesem Teil von Nienberge stellte beim Umbau eine der größten Herausforderungen dar. Mit Grewe Bau Sanierung, die auf Altbausanierungen spezialisiert sind, und dem Architekten Daniel Hidding war aber ein Team vor Ort, das diese Herausforderungen zu meistern wusste.
Auf Lehm gebaut
„Beim Johannisberg handelt es sich, wie in manch anderen Gebieten Münsters, um einen sehr lehmhaltigen Untergrund“, erläutert Alex, der Hausherr. Lehm hat die Eigenschaft, bei langanhaltender Trockenheit im Sommer zu schrumpfen. Es entsteht sogenannter Sommerfrost. „Das führt dann zu Absenkungen des Untergrundes, aber meistens nicht gleichmäßig, sodass Risse entstehen.“ Die Lösung war ein Rückbau des Hauses bis auf die Außenmauern, inklusiv der Bodenplatte. „Etwa 200 Tonnen Lehm wurden vom Grundstück abgefahren und gegen geeigneten Boden ausgetauscht.“ Einen Teil der Schmiede ließen sie unterkellern und auf neu geschaffenen Fundamenten ein Haus innerhalb der vorhandenen alten Hülle aufbauen. Dieser Umbau ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber leben lässt es sich schon herrlich.
Wiederverwertung
Bei der ersten Besichtigung begeisterte das Paar vor allem die Deckenhöhe in der heutigen Küche. Die vorhandene Decke wurde dann zwar ebenfalls entfernt, aber auf der gleichen Höhe mit Holzbalken wiederaufgebaut. „Damit es so aussieht, als wäre diese Decke immer schon dagewesen, haben wir alte Hölzer verwenden lassen“, erläutert Alex. Am eindrucksvollsten ist der lange Unterzug-Querbalken von über dreizehn Metern Länge, der von einem Münsterländer Bauernhof stammt. Die Küche war ein Ausstellungsstück von Puro aus Münster, das perfekt in den Raum passt. Ein dunkler Küchenblock aus gebeizter Eiche mit Sandsteinarbeitsplatte setzt einen optischen Gegenpunkt zur Holzdecke und wird von der sechsflammigen Leuchte Nostalgia von Lodes stilvoll in Szene gesetzt. „Die Leuchte haben wir durch den Lichtdesigner Karl Musial in Münster entdeckt und vor Ort, in einem Stadtteil von Venedig, ausgesucht“, erinnert sich Thea. Sie verliebte sich sofort in die unterschiedlich geformten, aus Spiegelglas in verschiedenen Tönungen bestehenden Lampenschirme. Damit kein Baldachin an der Decke zu sehen ist, war das Aufhängen der Leuchten eine Aufgabe, die anstand, bevor die Decke nach oben geschlossen wurde. Nun kommen die Leitungen direkt aus der Holzdecke.
Schatzkästchen
Der Teilkeller wird durch einen verglasten Deckenausschnitt von oben natürlich belichtet. „So einen Glasfußboden wollte ich unbedingt haben“, gesteht Alex. Er wirkt wie ein gläsernes Schatzkästchen, in dem die beiden ihre Leidenschaften präsentieren: Die Jagd, bei der sich die Hausbesitzer Thea und Alex kennengelernt haben, und die Kunst, in diesem Fall Graffiti-Art des Künstlers Eliot the Super, dessen Werke vielen Münsteranern von der Nacht der Museen 2022 bekannt sein dürften. „Die Donuts, die in der Küche hängen, hat mir Alex schon vor der Nacht der Museen geschenkt“, erzählt Thea. „Seitdem mag ich die Farbe Blau, mit der ich vorher nicht so viel anfangen konnte.“ Der Fußboden um diesen Glasausschnitt herum, hat durch die großformatigen Fliesen mit wenigen Fugen die Anmutung eines Loftbodens. „Sie sind 1,20 mal 1,20 Meter groß und stammen aus dem Fliesenhandel Grewe.“ Dunkle Fenster mit Sprossen erinnern an die gusseisernen Werkstattfenster der früheren Schmiede.
Geht man ein Stockwerk höher, meint man in einem Neubau zu sein – mit großflächigen Schiebefenstern in einer raumbreiten Gaube. „Da das gesamte Dach neu aufgebaut wurde, konnten wir das Wohnzimmer wie einen Wintergarten konzipieren.“ Nur durch Stufen davon getrennt, befindet sich die Schlafebene des Paares direkt unter zwei Dachschrägen. „Hier gibt es auch eine mögliche Verbindung zum Vorderhaus, dem eigentlichen Wohnhaus der Schmiede, in das meine Oma eingezogen ist“, erläutert Alex. So wohnen und arbeiten gleich zwei Generationen unter einem Dach, in dieser Schmiede bestimmt nicht zum ersten Mal.